Bei der Gleichstellung von Lesben, Schwulen und anderen von der heterosexuellen Norm abweichenden Gruppen ist es nichts Neues: Bis hin zur Ehe für alle wurde in Österreich jeder einzelne Schritt durch Höchstgerichtsentscheide vollzogen. So dürfte es auch weitergehen: Der Anwalt Helmut Graupner will den Erlass des Innenministeriums zum dritten Geschlecht, der die Eintragung als "divers" von ärztlich festgestellten körperlichen Merkmalen abhängig macht, vor den Verfassungsgerichtshof bringen.

Damit würde das Thema Intersexualität einer neuerlichen grundrechtlichen Klärung zugeführt. Das ist gut so: Im Umgang mit sexuellen Minderheiten hat das systematische Anrufen der Höchstgerichte Österreich weltweit zu einem der rechtlich liberalsten Staaten gemacht.

Das ist aber auch paradox, denn in der Regierung sitzt die FPÖ, die sich eindeutig gegen derlei Gleichstellung positioniert. Und die in anderen Bereichen führend zu Gesetzesbeschlüssen und -plänen beiträgt, die der Höchstgerichtsbarkeit eine völlig andere Rolle zuschieben. Von der für Ausländer niedrigeren Mindestsicherung bis zum jüngsten blauen Vorstoß einer nächtlichen Anwesenheitspflicht für Asylwerber in ihren Quartieren fungieren die Berufungs- und Überprüfungsinstanzen nicht als Vorreiter. Sondern, weit defensiver, als Hoffnungsträger für ein Aufrechterhalten gesellschaftspolitischer Fairness. (Irene Brickner, 28.12.2018)