Damaskus/Ankara – Vor einem drohenden Kampf um die syrische Kurdenmetropole Manbij hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan betont, dass die Gebiete um die nördlich gelegene Stadt zu Syrien gehörten. Aber: "Unser Ziel ist es, der YPG eine Lektion zu erteilen und wir sind gewillt, dies zu tun", sagte Erdoğan am Freitag vor Journalisten.

Die Türkei wolle sicherstellen, dass "alle Terrorgruppen das Gebiet verlassen", so der türkische Präsident. "Für uns wird nichts mehr zu tun sein, wenn die Terrorgruppen verschwinden." Es sei noch unklar, ob die syrische Armee die Kontrolle über Manbij übernommen habe.

Die YPG hatten zuvor erklärt, dass sich ihre Truppen aus dem Gebiet um Manbij zurückgezogen hätten, um sich ganz auf den Kampf gegen die Extremisten des "Islamischen Staates" (IS) im Nordosten Syriens zu konzentrieren. Aus dem kurdischen Militärrat von Manbij hieß es jedoch, dass die syrischen Truppen nicht in die Stadt einmarschiert seien. Sie hätten eine Art "Sicherheitsring" um die Stadt errichtet, sagte ein Mitglied des Militärrates. Auch die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, dass die Armee Positionen außerhalb der Stadt eingenommen habe.

"Moskau wird sich als Vermittler zeigen"

Durch die Annäherung der Kurden an die Führung veränderten sich fast sieben Jahre nach Ausbruch des Krieges die Machtpositionen in Syrien grundlegend. Wenn die Kurden, die bisher enge Partner der USA im Kampf gegen den IS in Syrien waren, von jetzt auf gleich alleine gelassen würden, könne dies der Glaubwürdigkeit der USA schaden, analysierte die US-amerikanische Denkfabrik Stratfor. Dies könne zu einem Vertrauensverlust führen. Russland, Iran und weitere Kräfte seien begierig, das Vakuum zu füllen.

"Moskau wird sich als Vermittler zeigen, um einen Kompromiss zu finden", schrieb Nahost-Experte Alexej Chlebnikow vom Russischen Rat für Internationale Beziehungen auf Twitter. Russland könne die Kurden und die Türkei benutzen, um den Einfluss auf Damaskus zu erhöhen.

Auch die arabischen Golfstaaten, die bisher verschiedene Rebellengruppen im Kampf gegen Präsident Bashar al-Assad unterstützten, scheinen sich wieder der Führung in Damaskus anzunähern. Bereits am Donnerstag eröffneten die Vereinigten Arabischen Emirate ihre Botschaft in Syrien wieder. Auch Bahrain kündigte am Freitag an, die Botschaftsarbeit in Syrien "weiterzuführen".

Die Staaten des Golfkooperationsrates (GCC) – darunter Saudi-Arabien, Katar, Kuwait, Bahrain und der Oman und die VAE – hatten ihre Botschafter im Februar 2012 aus Syrien abberufen, um damit gegen das brutale Vorgehen der syrischen Regierung gegen die Bevölkerung zu protestieren. In einer Stellungnahme des Außenministeriums der VAE zur Wiedereröffnung der Botschaft hieß es, der Schritt unterstreiche das Bekenntnis der Emirate, die Beziehungen zu Syrien wieder auf einen normalen Kurs zu bringen. Dadurch solle die "arabische Rolle" bei der Stabilisierung Syriens gestärkt werden.

Angesichts des Einflusses der Türkei und des Irans sei diese arabische Rolle wichtiger geworden, sagte Anwar Gargash, Staatsminister für Außenangelegenheiten der VAE. Zahlreiche arabische Staaten befürchten einen zu großen Einfluss vor allem des Irans in Syrien. Der Iran und die vom Iran unterstützten Hisbollah-Milizen aus dem Libanon sind Unterstützer von Machthaber Assad. Mit seiner Ankündigung könnte US-Präsident Donald Trump eine Kettenreaktion ausgelöst haben, die die Machtverhältnisse in Syrien neu ordnet. (APA, 28.12.2018)