Temtem soll Ende 2019 für den PC in die Early-Access-Phase gehen und 2020 auch auf Xbox One, Playstation 4 und Nintendo Switch landen.

Screenshot: Temtem
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Seit ihrem Start auf dem Gameboy zieht Nintendos Pokémon-Reihe Millionen Fans in ihren Bann. Unzählige Editionen und Spin-off-Games haben sich bislang erfolgreich verkauft. Und das, obwohl die Games – mit sehr wenigen Ausnahmen wie Pokémon Go – bislang nur auf Nintendos eigenen Plattformen erschienen sind. Die restriktive Politik der japanischen Spieleschmiede sorgte immer wieder für Eigeninitiativen von Fans, die ganze Pokémon-MMOs auf die Beine stellten. Nur um dann Anwaltspost zu bekommen und ihr Projekt wieder zusperren zu müssen.

Einen anderen Weg geht das spanische Indiestudio Crema Games. Hier lässt man sich zwar offiziell vom Monstersammel-Urgestein inspirieren, baut aber mit Temtem eine eigene Welt für Solo- und Mehrspieler. Statt Pikachu, Bisasam und Glumanda findet man hier Houchic, Ganki und Crystle. Dass es nach wie vor Interesse an einem Pokémon für PC und Non-Nintendo-Konsolen gibt, zeigt die erfolgreiche Crowdfundingkampagne für das Spiel. Über 570.000 Euro konnte man im vergangenen Juli einsammeln. Mittlerweile läuft der Alphatest.

Letztlich soll das Game gegen Ende 2019 am PC in die Early Access-Phase starten und 2020 auch auf Xbox One, Playstation 4 und Nintendo Switch kommten. Der Gamestandard hat sich schon einmal auf Monsterjagd begeben.

Der Kickstarter-Trailer zu Temtem.
Crema

Wie heimkommen

Von der erstem Minute an fühlt man sich als Pokémon-Kenner in der Temtem-Welt zuhause. Denn Crema hat sich beim Vorbild sehr großzügig bedient. Zum Spielstart wird man von der eigenen Mutter informiert, dass es nun Zeit sei, sich auf den Weg zu machen, um eine Karriere als Temtem-Trainer zu beginnen. Dabei begegnet man auch dem örtlichen Monsterwissenschaftler, der einem das erste Temtem aushändigt. Ebenso gibt es einen ehrgeizigen Rivalen, der ebenfalls am Start seiner Trainerlaufbahn steht.

Diese Sequenz dient natürlich auch als Tutorial für die einfach gehaltene Steuerung von Inventar und der rundenbasierten Kämpfe. Die Komplexität kommt erst an anderer Stelle ins Spiel. Denn natürlich gibt es Temtem unterschiedlichen Typs und auch so manchen Hybriden. Insgesamt ein Dutzend Arten, von "normalen" über Stein-, Natur- und Wassertemtem bis hin zu Kristallwesen oder digitalen Monstern soll es einmal geben. In die Alphaversion ist mit etwa 40 Stück nur ein Viertel der 160 geplanten Temtem integriert. Natürlich haben alle bestimmte Stärken und Schwächen gegenüber anderen Typen und ein eigenes Set an erlernbaren Angriffen. Langfristiger Erfolg setzt also eine kluge Mischung voraus.

Klassische Solospieler-Kampagne...

Mit den eigenen Monstern begibt man sich in Wiesen, Höhlen und Gewässer, wo man zufällig weiteren Temtem begegnen kann. Diese lassen sich bekämpfen, bis sie schwach sind und anschließend mit dem Einsatz einer Temcard anstelle eines Pokéballs fangen. Bis zu sechs Monster hat man stets dabei, alle anderen werden auf einem Computer gespeichert, der in jeder Stadt im sogenannten Temporium zugänglich ist. Die Temporien sind das Gegenstück zu "Pokémon Centers". Hier lassen sich die eigenen Monster heilen sowie Salben und andere Items für unterwegs kaufen.

In der Solo-Story geht es darum, den Belsoto-Clan zu besiegen, der die Herrschaft über das Archipel an sich reißen möchte. Gleichzeitig beweist man sich gegen unzählige KI-gesteuerte Trainer und Temtem-Meister in ihren Dojos. Dazu erhält und findet man immer wieder Nebenaufgaben, mit denen man sich zusätzliche Gegenstände und andere Dinge verdienen kann.

...in Mehrspieler-Welt

Der Multiplayer-Aspekt bedeutet, dass sich in der gleichen Spielwelt auch andere, menschliche Trainer herumbewegen, Monster jagen und der Story folgen. Auf den eigenen Fortschritt in der Kampagne haben sie keinen Einfluss. Im fertigen Spiel soll es aber ein umfassendes Turnier-System geben, in dem man alleine oder im Team gegen andere antreten kann. Freie Einzelkämpfe sind jetzt schon möglich und funktionieren gut. Allerdings gibt es keine Einstellungsmöglichkeiten, etwa hinsichtlich einer Limitierung der einsetzbaren Temtem. Gekämpft wird im Moment noch mit dem gesamten Team, bis ein Trainer keine kampffähigen Monster mehr übrig hat.

Eingerichtet werden soll auch Housing. Spieler werden mit eigenen, individuell einrichtbaren Häusern sesshaft werden können. Hier könnte sich, so das Game eine kritische Masse erreicht, ein Pfad zur langfristigen Monetarisierung auftun. Denn natürlich müssen die Server weiter finanziert werden, wenn das über den Spielverkauf eingenommene Geld aufgebraucht ist.

Unfertig, aber schon gut spielbar

Als früheAlphaversion ist Temtem jetzt schon stabiler und spielbarer als so mancher Early Access-Titel. Gelegentlich hängt sich das Spiel auf, lässt sich aber schnell neu starten und setzt nahtlos dort fort, wo man aufgehört hat – auch wenn der Crash mitten in einem Kampf erfolgt ist.

Einige Inhalte fehlen natürlich noch oder sind offensichtlich unfertig, aber man kann jetzt schon viele Stunden damit verbringen, der Handlung zu folgen und eine schlagkräftige Temtem-Mannschaft aufzubauen. Der Schwierigkeitsgrad ist dabei meist gut kalibriert und folgt dem bekannten Muster. Je weiter man auf der recht linear gestalteten Karte vorankommt, desto höher wird das Level der wilden Temtem und der Monster in der Obhut von KI-Trainern.

Liebevoll inszeniert

Was man klar sagen muss: Einen Originalitätspreis wird Temtem nicht gewinnen. Die Entwickler halten sich penibel an die Rezeptur von Pokémon. Viel Kreativität ist aber offensichtlich in die Entwicklung der Monster, der Welt und die grafische Umsetzung geflossen. Das Spiel ist im kunterbunten Cellshading-Look gehalten, der ein wenig an Zelda: The Wind Waker erinnert und ebenso stimmungsvoll umgesetzt ist. Liebe zum Detail steckt auch in den Animationen und Einblendungssequenzen.

Auch musikalisch kann sich die Alphaversion bereits hören lassen. In Summe machen es die Entwickler Spielern leicht, schnell in der Welt zu versinken, weil sich alles zu einem stimmigen Ganzen fügt. Eine reife Leistung, angesichts dessen, dass man das Game auf den ersten Blick leichtfertig als Klon abtun könnte. Die Devise lautet hier offenbar: Lieber gut kopiert, als schlecht selbst gemacht.

Die größte Gefahr: Wohl Nintendo

Und hierin liegt vielleicht auch die größte Gefahr für Temtem, das das Pokémon-Game werden könnte, auf das alle PC- und Konsolenspieler gewartet haben. Dass Nintendo seine Anwälte auf das Projekt los lässt, wäre keine riesige Überraschung, zumal das Spiel eben auch auf die Switch kommen soll. Für Unkenrufe ist es aber noch zu früh, noch hat Crema Games ja viel Zeit, für mehr Differenzierung zu sorgen.

Derweil kann man sich noch unbeschwert dem Suchtfaktor des Spieles hingeben. In der nächsten Höhle muss ja schließlich das lang gesuchte Zizare lauern, das in der eigenen Temtem-Sammlung noch fehlt. (Georg Pichler, 28.12.2018)