Saxofonist John Coltrane.

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Claudio Abbado – The last Concert

Claudio Abbados letztes Konzert mit den Berliner Philharmonikern aus 2013 (er starb 2014) zeigt noch einmal, wie der italienische Dirigent klangliche Feinheit, Poesie und Strukturdenken vereinte. Es ist anhand des Sommernachtstraums von Felix Mendelssohn Bartholdy zu hören. Auch die Symphonie Fantastique von Hector Berlioz berückt durch die Bandbreite des Ausdrucks. Mit dem Stück, das programmatisch von den Höhen und Tiefen wilder Zuneigung samt Drogenrausch erzählt, erreicht Abbado mit dem grandiosen Orchester hohe Unmittelbarkeit – zwischen filigran und exzessiv.

Berliner Philharmoniker

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Emile Parisien – Double Screening

Sopransaxofonist Emile Parisien ist ein Meister des Raffinierten: Sein Spiel vereint lyrisches Flehen und emphatische Ausbrüche unter dem Dach nie nachlassender Intensität. Mit seinem glänzenden Quartett (Julien Touéry am Klavier, Ivan Gélugne am Bass, Julien Loutelier am Schlagzeug) geht er von metrischen eigenwilligen und abstrakten Stücken, die heftige Stilkontraste aufweisen, den Weg der überraschenden Verzahnungen von Komposition und Improvisation. Virtuosität ist nur jene Freiheit gebende Voraussetzung des Gestaltens. Es ist Jazz, der Historie und Gegenwart fulminant versöhnt (bei ACT).

Emile Parisien Quartet

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John Coltrane – New Directions

Am besten mit der zweiten CD beginnen. Sie startet mit einer wilden Version des Slow Blues, dem Schmuseweiches folgt: They Say It‘s Wonderful ist eine Ballade, bei der Saxofonist John Coltrane den Gesang von Johnny Hartman kantabel verziert. Solche Kontraste machen die Dreierbox (Verve) so interessant, auch wenn kein neues Material enthalten ist. Chronologisch wird Coltranes Arbeit aus 1963 (mit alternativen Takes) vorgestellt. Packende Momente und Belege sind zu hören, dass der Revolutionär auch im konventionellen Bereich seine Würde wahrte und sich vom Business nicht vereinnahmen ließ. (toš, 30.12.2018)

John Coltrane