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Rumäniens Premierministerin Viorica Dancila stellt sich gegen Kritik aus Brüssel.

Foto: AP Photo/Geert Vanden Wijngaert

Die Übernahme des EU-Ratsvorsitzes fällt in die Zeit einer Art Konterrevolution in Rumänien. Die tiefgehenden Reformen im Rechtsstaatsbereich, die rund um den EU-Beitritt vor zwölf Jahren eingeleitet wurden, werden seit geraumer Zeit wieder sukzessive rückgängig gemacht. Das stellt die ohnehin geschwächte EU vor Herausforderungen.

Dabei stehen wichtige Thema auf der Agenda: Der Brexit, auch der mehrjährige EU-Finanzrahmen muss erstellt und ein Migrationspaket soll geschnürt werden. In das rumänische Semester fallen aber auch die EU-Parlamentswahl und die geplante Unterzeichnung eines bindenden Abkommens zwischen Serbien und dem Kosovo. Zudem soll die Umsetzung des Namensabkommens zwischen Griechenland und Mazedonien bis Mai über die Bühne gehen.

Dritte Premierministerin

Die Regierung in Bukarest bemüht ziemlich leere Schlagworte wie "ein sicheres Europa" oder ein "konvergierendes Europa", um den Ratsvorsitz zu porträtieren. An der Macht ist die Sozialdemokratische Partei (PSD), die seit den Wahlen 2016 nicht zu Ruhe kommt. Regierungschefin Viorica Dancila ist bereits die dritte Person in der Position der Premierministerin. Und auch sie fällt mit Protokollfehlern und ungeschickter Rhetorik auf.

Der Europaminister Victor Negrescu verabschiedete sich erst im November. Die innere Labilität der PSD wird Auswirkungen auf den Ratsvorsitz haben. Zudem hat sich die Regierung von einem rationalen Diskurs verabschiedet und behauptet, es gebe einen "tiefen Staat" im Staat, also eine heimliche Verbindung zwischen Geheimdienstleuten und der Justiz, die der Partei schaden wollten. Der Hintergrund: Viele PSD-Angehörige stehen unter Korruptionsverdacht.

Opferhaltung

Davon will man ablenken – deshalb wird die Justiz schlechtgemacht und umgebaut. Heuer wurde die Korruptionsgesetzgebung geschwächt – Bestechung, Unterschlagung und Amtsmissbrauch verjähren schneller. Das Europäische Parlament nahm Mitte November eine Resolution an, in der sich die Abgeordneten "zutiefst besorgt" über die Rechtsvorhaben zeigten. Die EU-Kommission attestierte "erhebliche Defizite" bei der Rechtsstaatlichkeit.

Deshalb ist die PSD nun dazu übergegangen, die EU-Kommission zu kritisieren. Parteichef Liviu Dragnea nennt sie "unfair", weil sie Rumänien das "Recht auf eine eigene Meinung" verweigere. Premierministerin Dancila versucht die Regierung als Opfer darzustellen: "Wir werden kritisiert, ohne es zu verdienen, wir werden bestraft, nur weil wir ein osteuropäisches Land sind", sagt sie. Ihre Partei dürfe die "Attacken" aus Brüssel "nicht mehr hinnehmen".

Trotz der Kritik aus der EU ist also nicht davon auszugehen, dass die Regierung einlenkt. Deshalb könnte es sogar zu einem Strafverfahren – analog zu Ungarn und Polen – kommen. (Adelheid Wölfl, 1.1.2019)