Moskau/Washington – Die russischen Behörden haben einen US-Bürger unter Spionageverdacht festgenommen. Der Mann sei am Freitag (28. Dezember 2018) auf frischer Tat bei einem "Spionageakt" in Moskau gefasst worden, teilte der russische Inlandsgeheimdienst FSB am Montag mit.

Gegen den US-Bürger sei ein Strafverfahren eingeleitet worden. Bei einer Verurteilung würden dem Mann zwischen 10 und 20 Jahre Haft drohen, hieß es in der FSB-Mitteilung, aus der die Agentur Tass zitierte. Die US-Botschaft sei fristgerecht über die Festnahme informiert worden, teilte das russische Außenministerium mit.

USA um Sicherheit des Mannes besorgt

Der Name des Mannes wurde nur auf Russisch genannt. Übertragen aus dem kyrillischen Alphabet könnte er "Paul Whelan" lauten. Weitere Einzelheiten gab der russische Geheimdienst zunächst nicht bekannt.

Das US-Außenministerium bestätigte, es sei vom russischen Außenministerium offiziell über den Fall informiert worden. Gemäß der Wiener Konvention sei Moskau verpflichtet, konsularische Betreuung zu gewähren. "Wir haben darum nachgesucht und erwarten, dass dem stattgegeben wird", sagte ein Außenamtssprecher.

Der Sender CNN zitierte aus einer Stellungnahme von Whelans Bruder, wonach dieser wegen einer Hochzeit in Moskau gewesen sei. "Wir machen uns große Sorgen um seine Sicherheit und sein Wohlergehen. Er ist zweifellos unschuldig und wir vertrauen darauf, dass seine Rechte respektiert werden", hieß es darin weiter. Den Angaben des Bruders zufolge ist der Festgenommene ein Ex-Soldat.

Angespannte Situation

In den angespannten Beziehungen zwischen Russland und dem Westen hatten zuletzt mehrere Spionageskandale für zusätzlichen Wirbel gesorgt, darunter der Giftanschlag auf den ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter Julia in Großbritannien sowie die Verurteilung der Russin Maria Butina wegen Agententätigkeit in den USA.

Butina hatte im Dezember vor einem Bundesgericht in Washington gestanden, als "Agentin" ihres Heimatlandes konservative Zirkel der Vereinigten Staaten unterwandert zu haben. Sie hatte enge Kontakte zur Waffenlobby NRA geknüpft und auch in ranghohen Kreisen der Republikanischen Partei von Präsident Donald Trump verkehrt. Aus einem von ihren Anwälten beim Gericht eingereichten Dokument geht hervor, dass die 30-Jährige eine Kooperationsvereinbarung mit der Staatsanwaltschaft traf.

Die Strafe für die Russin wurde noch nicht verkündet. Die Strafverfolger empfahlen bis zu sechs Monate Haft. Das Urteil wird im Februar oder später erwartet. Nach Verbüßen ihrer Strafe wird Butina wohl nach Russland abgeschoben. Sie befindet sich bereits seit Juli im Gefängnis.

Wechselseitige Spionagevorwürfe

Der Fall Butina reiht sich ein in die weitverzweigten Nachforschungen der US-Justiz zu möglichen Versuchen Moskaus, Einfluss auf die US-Politik und den Präsidentschaftswahlkampf 2016 zu nehmen. Dabei geht es unter anderem um den Verdacht, dass es illegale Absprachen zwischen Trump-Mitarbeitern und Moskau gegeben haben könnte.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte dem Westen kürzlich vorgeworfen, den Aufstieg seines Landes auf internationaler Bühne durch Spionagevorwürfe untergraben zu wollen. Putin wertete es als "Zeichen für die Macht Russlands", dass der Westen immer wieder derartige Vorwürfe erhebe. (APA, AFP, 1.1.2019)