In vielen Wahllokalen im Kongo waren die Beisitzer um große Genauigkeit bemüht. In manchen kam es allerdings auch zu Ungereimtheiten – die Opposition vermutet Betrug.

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Nach einer umstrittenen und teilweise chaotischen Abstimmung am vergangenen Sonntag bereiten sich Regierung und Opposition in der Demokratischen Republik Kongo nun auf die Bekanntgabe der ersten Ergebnisse vor – ein Anlass, zu dem weitreichende und heftige Proteste erwartet werden. In mehreren Städten wurde zum Jahresanfang der Zugang zum Internet gekappt: Von dem Informationsblackout ist sowohl die Bevölkerung der Hauptstadt Kinshasa wie auch die von Lubumbashi und Goma betroffen.

Während Telekom-Minister Emery Okundji jede Verantwortung der Regierung für die Online-Blockade zurückwies, räumten Sprecher der Telekomfirmen Vodacom und Global ein, von der Regierung zu diesem Schritt gezwungen worden zu sein. In afrikanischen Staaten wird im Zusammenhang mit Wahlen immer wieder der Internetzugang unterbunden – um zu verhindern, dass es zur Bekanntgabe inoffizieller Wahlergebnisse oder zu Protestaufrufen kommt. Erste verlässliche Resultate im Kongo werden erst Ende dieser Woche erwartet.

Keine Zahlen, alle Sieger

Sowohl der Kandidat der Regierungspartei wie auch seine Konkurrenten von der Opposition sehen sich aber trotzdem bereits als Sieger. Da er als Einziger von 21 Präsidentschaftsanwärtern in allen 25 Provinzen des Landes zur Wahl stehe, sei sein Triumph beschlossene Sache, sagte Emmanuel Shadary von der regierenden Volkspartei für den Wiederaufbau und die Demokratie (PPRD) der BBC: "Ich bin der neue Präsident." Auch Martin Fayulu, Spitzenkandidat des Oppositionsbündnisses Lamuka, sieht sich schon vor einem "überwältigenden Sieg", während der Chef der oppositionellen Union für Demokratie und sozialen Fortschritt (UDPS), Felix Tshisekedi, von einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit Fayulu spricht. Letzterer kann seine Siegesgewissheit auf eine aktuelle Umfrage der New York University stützen: Die sieht Fayulu mit 47 Prozent weit vorn, Tshisekedi (24 Prozent) und Shadary (19 Prozent) deutlich abgeschlagen.

Der in den vergangenen zwei Jahren mehrfach verschobene Urnengang war am Sonntag weitgehend friedlich verlaufen, stieß wegen zahlloser Pannen und Unregelmäßigkeiten aber auf Kritik. Rund 40.000 Wahlbeobachter der katholischen Kirche berichteten von mehr als 560 fehlerhaften Zählmaschinen. Mehr als 850 Abstimmungsorte seien selbst Stunden nach der offiziellen Öffnungszeit noch nicht zugänglich gewesen, hieß es weiter. Berichtet wurde außerdem von zahlreichen Wählern, die ihren Namen nicht auf der Liste finden konnten, und von elektronischen Wahlmaschinen, in denen die Namen von Oppositionskandidaten fehlten. Dennoch sprach der scheidende Präsident Joseph Kabila von einem "freien und fairen" Urnengang: Das einzige Problem seien die sintflutartigen Regenfälle in weiten Teilen des Landes gewesen.

Kritik an Teilverschiebung

Außer dem chaotischen Verlauf der Abstimmung stieß auch die Entscheidung der Wahlkommission auf Kritik, den Urnengang in drei Distrikten ein weiteres Mal zu verschieben. Betroffen waren die beiden ostkongolesischen Städte Beni und Butembo, wo kürzlich eine Ebola-Epidemie ausbrach, sowie Yumbi im Westen des Landes: Dort sollen die insgesamt 1,2 Millionen Wahlberechtigten erst im April dieses Jahres wählen. Oppositionsanhänger organisierten in Beni unterdessen ihre eigene Abstimmung: Sie warfen der Regierung vor, Ebola als Vorwand zu einer Verschiebung in der Oppositionshochburg zu nutzen.

Würde Fayulu die Wahlen gewinnen, wäre dies der erste demokratische Machtwechsel in der Geschichte des Kongo. Allerdings wird befürchtet, dass die seit 18 Jahren von Kabila geführte Regierung einen oppositionellen Wahlsieg verhindern wird. Fayulu warf der Regierung vor, das Wahlchaos absichtlich hervorgerufen zu haben, um in dem Durcheinander manipulieren zu können. Sollten Kabilas unpopulärem Ersatzmann Shadary tatsächlich die meisten Stimmen zugesprochen werden, werde es in weiten Teilen des Landes zu heftigen und gewalttätigen Unruhen kommen, prognostizieren Kenner des Kongo. (Johannes Dieterich aus Johannesburg, 1.1.2019)