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Gregorio De Falco (links) – vom Helden zum Buhmann der Fünf-Sterne-Bewegung.

Foto: AP Photo/Gregorio Borgia

"Salga a bordo, cazzo!" (Sinngemäß: "Gehen Sie an Bord, Scheiße nochmal!"): Mit derben, aber unmissverständlichen Worten hatte Gregorio De Falco den Unglückskapitän der Costa Concordia, Francesco Schettino, in der Nacht des 13. Jänner 2012 aufgefordert, wieder auf sein Schiff zurückzukehren. Schettino hatte kurz zuvor sein Kreuzfahrtschiff mit über 4.000 Menschen an Bord in einem grob fahrlässigen Manöver gegen eine Klippe der toskanischen Insel Giglio gesteuert und anschließend das sinkende Riesenschiff verlassen, obwohl sich noch hunderte Passagiere darauf befanden. Beim Unglück kamen 32 Menschen ums Leben.

Mit seinem Befehl – dem "Kapitän Feigling" Schettino keine Folge leistete – ist De Falco in seiner Heimat zum Helden geworden. Es war eine Zeit, in der Italien Lichtgestalten brauchte: Der ruhige und seriöse Offizier De Falco war nicht nur ein Gegenentwurf zum windigen Schettino gewesen, sondern auch zu Silvio Berlusconi, der kurz vor der Havarie der Costa Concordia das eigene Land ebenfalls beinahe an eine Klippe gefahren hatte: Der Skandal-Premier musste vom damaligen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano zum Rücktritt gedrängt werden, um einen drohenden Staatsbankrott zu vermeiden. De Falco war in diesen demütigenden Wochen zum Ehrenretter einer ganzen Nation geworden.

"Sicherheitsdekret"

Und als solcher ist der Küstenwache-Offizier vor den Wahlen im vergangenen März von der Protestbewegung Cinque Stelle intensiv umgarnt und schließlich zu einer Kandidatur für einen Sitz im Senat überzeugt worden. In der Truppe der Grillini, die fast ausschließlich aus völlig unbekannten Figuren bestand, war der prominente De Falco ein einsamer Leuchtturm; seine Wahl in die kleine Parlamentskammer schaffte er mit einem Glanzresultat. Aber die Politik hat dem Helden wenig Glück gebracht – und das lag nicht zuletzt am Regierungspartner seiner Partei, der rechtsradikalen Lega von Innenminister Matteo Salvini.

Die von der neuen populistischen Regierung verordnete Schließung der Häfen für die privaten Rettungsschiffe war in den Augen De Falcos ein Verstoß gegen das Seerecht und die Menschlichkeit: Seine Küstenwache hatte zuvor jahrelang Flüchtlinge aus Seenot gerettet und war stolz darauf gewesen. "Menschen, die auf dem Meer Hilfe benötigen, muss man immer helfen", erklärte De Falco.

Zum Bruch mit seiner Partei kam es beim "Sicherheitsdekret" Salvinis, das eine drastische Verschärfung der Asylpolitik einleitete und unter anderem das Instrument der humanitären Aufnahme faktisch abschaffte: De Falco stimmte gegen das Dekret, obwohl die Regierung die Vertrauensfrage gestellt hatte.

Vertrauensabstimmung

"Das Sicherheitsdekret verstößt gegen die Verfassung, aber als Offizier habe auf die Verfassung geschworen – und an diesen Schwur gedenke ich mich auch als Senator zu halten", begründete De Falco sein Ausscheren. Er biete nicht Hand zu einer Politik, die allen Prinzipien widerspreche, zu denen sich die Protestbewegung früher einmal bekannt habe und die nun unter dem Druck des Koalitionspartners eines nach dem anderen aufgegeben würden. "Nicht ich bin es, der die Bewegung verrät, sondern die Bewegung verrät ihre eigenen Ideale", erklärte De Falco in Interviews.

Nun wird der 53-jährige Offizier, der den inzwischen zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilten Schettino zur Rückkehr an Bord seines Schiffes aufforderte, selber von Bord gejagt: Der eigenen Regierung in einer Vertrauensabstimmung die Gefolgschaft zu versagen verstoße gegen den Ehrenkodex der Protestbewegung, befand über die Neujahrstage eine Schiedskommission der Cinque Stelle. Die unbequem gewordene einstige Galionsfigur wird ausgeschlossen, bleibt aber Mitglied des Senats. (Dominik Straub, 1.1.2019)