Die Salzburger S-Bahn wird heute von politischen Fehlern Ende der 1990er-Jahre ausgebremst.

foto: thomas neuhold

Salzburg – Eine brandneue Straßenbrücke über die Eisenbahntrasse im Stadtteil Gnigl ohne Fahrradweg; eine neu elektrifizierte Oberleitungsbuslinie, auf der Dieselbusse eingesetzt werden; Pläne für einen massiven Ausbau der Salzburger Altstadtgaragen, obwohl der Individualverkehr in der Innenstadt regelmäßig kollabiert – die Salzburger Verkehrspolitik geizt nicht mit Fehlentscheidungen und -planungen.

Jetzt kommt auch noch das mit 33.000 Fahrgästen pro Tag ziemlich erfolgreiche Projekt S-Bahn ins Gerede. Obwohl Mitte Dezember 2017 das dritte Gleis zwischen Salzburg und dem bayerischen Freilassing in Betrieb genommen wurde, lässt der wiederholt versprochene 15-Minuten-Takt der S-Bahn auch ein Jahr später noch immer auf sich warten.

Nach Fahrgastbeschwerden und Recherchen des privaten, grenzüberschreitenden Nachrichtenblogs "Info Media Worx" hat DER STANDARD bei den ÖBB nachgefragt, warum trotz einer Investition von 240 Millionen Euro für das dritte Gleis aus dem versprochenen Taktverkehr nichts geworden sei.

Vier Züge pro Stunde – kein Taktverkehr

Dort weist man die Darstellung, man habe einen 15-Minuten-Takt angekündigt, gleich einmal energisch zurück. Die ÖBB hätten immer nur von vier Zügen in der Stunde gesprochen, weil damals schon klar gewesen sei, "dass die Infrastruktur den Takt nicht hergibt", sagt ein ÖBB-Sprecher.

Und diese vier S-Bahn-Züge – plus einen nicht von den ÖBB betriebenen – würden ja auch tatsächlich fahren; aber eben nicht getaktet.

Die Erklärung dafür ist so einfach wie für die Salzburger Verkehrssituation typisch. Die Planung für den 15-Minuten-Takt fußte auf der Zusammenführung des 30-Minuten-Taktes am S-Bahn-Südast (Tennengau–Salzburg–Freilassing) mit dem 30-Minuten-Takt des Nordastes (Flachgau–Salzburg–Freilassing).

Die Strecke von der Stadt Salzburg in den Flachgau nach Straßwalchen ist aber mit dem Regionalverkehr, dem Güter- und dem Fernverkehr völlig ausgelastet, sodass die Slots für die S-Bahn-Garnituren nicht frei gewählt werden können.

Wahltaktik vor 20 Jahren

Und diese Überlastung wiederum geht auf eine verkehrspolitische Entscheidung Ende der 1990er-Jahre zurück. Damals wurde der Ausbau dieser Strecke zur vierspurigen Hochleistungsbahn auf Betreiben der Landeshauptmannpartei ÖVP kurz vor einer Landtagswahl abgeblasen. Der Widerstand aus einigen Anrainergemeinden war zu groß. Bis heute liegen auch die Fahrgastzahlen am Nordast weit hinter jenen auf der Südseite der Landeshauptstadt.

Baubeginn 2026

Aktueller Nachsatz vonseiten der ÖBB: "Heute gibt es einen neuen Ansatz zu diesem Ausbau, der mit aktuellem Stand im Jahr 2026 beginnen könnte." Somit wird es auf der wichtigen S-Bahn-Strecke Salzburg–Freilassing wohl weiter keinen echten Taktverkehr geben, und die Fahrgäste werden weiter einen Fahrplan benötigen. (Thomas Neuhold, 2.1.2019)