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Ein Kaiser auch als Werbeprofi mithilfe von Kunst, Buchdruck und Holzschnitt: An der Schwelle zur Neuzeit stilisierte sich Maximilian I. (1459–1519) zum "letzten Ritter".

Foto: Picturedesk

Bis in die hintersten Täler Tirols hinein ist Maximilian I. derzeit als smarter Social-Media-Kaiser plakatiert. Er wirbt auch auf Instagram und Facebook um Gefolgschaft. Maximilians Ruf als frühes PR-Genie ist der Stoff, aus dem diese zeitgeistige Wiedergeburt gemacht ist. In den Gefilden zwischen Crowd und Cloud geht allerdings unter, dass der humanistisch gebildete Monarch auf dem Wege der Selbstinszenierung auch zu einem wichtigen Förderer der Wissenschaften und Künste geworden ist.

An der Schwelle zur Neuzeit stilisierte er sich zum "letzten Ritter". Doch es waren die Medien seiner Zeit, Buchdruck und Holzschnitt, mit denen er dieses Bild verbreiten ließ. Maximilian beauftragte große Künstler und diktierte den Denkern, die er um sich scharte, autobiografisch gefärbte Heldengeschichten, wie sie etwa im Weißkunig nachzulesen sind. Seinen Nachruhm ließ sich der finanziell stets klamme Habsburger einiges kosten, der Augsburger Bankier und Kaufmann Jakob Fugger half mit Krediten aus.

Recht großer Aufwand

Marketing für Kaiser Max betreibt man in Tirol auch heute mit beträchtlichem finanziellem Aufwand: 840.000 Euro allein für "Kommunikationsmaßnahmen", und die entsprechenden Agenturleistungen sind in der Kalkulation für das Maximilian-Jahr 2019 vorgesehen. Das ist mehr als die Hälfte dessen, was an Zuschüssen an Ausstellungsprojekte geht – nämlich rund 1,5 Millionen Euro.

5,2 Millionen Euro sind für ein "Bildungs-, Kultur- und Veranstaltungsprogramm" budgetiert, das bisher allerdings eher durch holpriges Zustandekommen als durch Inhalte von sich reden gemacht hat. Die geplante Sanierung des Innsbrucker Zeughauses, des Waffenlagers Maximilians, wurde kurzfristig abgesagt. Die Übernahme einer unter Max Hollein im Metropolitan Museum in New York geplanten Ausstellung über den "letzten Ritter" ins Ferdinandeum ebenso.

Es gehen auch die Originalreliefs des für Maximilians zweite Ehefrau, Bianca Maria Sforza, erbauten Goldenen Dachls im Herbst 2019 als Leihgaben nach New York. In Innsbruck hätte eine abgespeckte Version erst 2020 gezeigt werden können. Auch missfielen in Tirol am Ende die mit einer Million Euro bezifferten Kosten.

Säckel gegen das Scheitern

Andererseits sollen die Hauptfinanziers des Gedenkjahres – Land Tirol und Stadt Innsbruck (beteiligt ist auch die Tourismuswerbung) – schon nach dem vorzeitigen Scheitern anderer Projekte mit einem Säckel voller Sondersubventionen für Beiträge geworben haben.

Manche schlugen zu: In Schloss Ambras widmet man sich ab April Maximilians Streben nach "ewiger Gedachtnus" und verweist angesichts der ebenso großen wie durchwachsenen Konkurrenz auf seine "kostbaren Originale". Dar unter Florian Abels Vorzeichnung des in der Innsbrucker Hofburg befindlichen Kenotaphs: Die "Schwarzen Mander", die der Kaiser zu Lebzeiten für sein Grabmal in Auftrag gab, schauen auf ein leeres Grab, seine Bestattung wünschte er in Wiener Neustadt. Dort will man sich seiner ebenso erinnern wie in Augsburg und Wels, wo Maximilian am 12. Jänner 1519 gestorben ist.

In Wien zeigt wiederum die Nationalbibliothek ab März Handschriften und frühe Drucke. Selbst in Tokio widmet man sich der Habsburger-Dynastie (Hauptleihgeber ist ebenso wie in New York das KHM). Hinzu kommen Maximilian-Schauen von Innsbruck über Kufstein bis zum Südtiroler Schloss Tirol bei Meran.

Gerangel um Leihgaben zu groß

2012 waren in der Albertina jene Prunkstücke der kaiserlichen Selbstinszenierung zu sehen, an denen Künstler wie Albrecht Dürer, Albrecht Altdorfer und Hans Burgkmair gearbeitet haben, dar unter der 54 Meter lange Triumphzug und die Ehrenpforte Maximilians I. Eine ähnlich konzise Zusammenschau der Kunst der Dürer-Zeit wird 2019 kaum wiederholbar sein. Dafür war allein das Gerangel um Leihgaben zu groß. Dass Innsbruck dabei nicht die allerbesten Karten hatte, will man in der Hofburg nicht verschweigen und verwies bei einer Präsentation der eigenen Pläne auf die sprichwörtlich aus der Not geborene Tugend.

Sie heißt in diesem Fall Digitalisate. Diese steuert – nebst Forschungsergebnissen – die Universität Innsbruck bei. Eine Visualisierung des Kenotaphs soll auch in Ambras zu sehen sein, die Hofburg will ihre Maximilian-Schau über das Gedenkjahr hinaus einrichten.

Da ist noch mehr: Zum 2019er-Programm gehören eine Oper von Daniel Ott und Manos Tsangaris ebenso wie ein Musical im Landestheater. Auch die Förderaktion des Landes für Kunst im öffentlichen Raum wurde thematisch ausgeschrieben. Eine Performance von Prinz Gholam gehört zu den geladenen Projekten.

Angeblich Europäer

Es gibt zu Maximilian viele Erzählungen. Hartnäckig hält sich jene vom "ersten Europäer", obwohl sich dafür abgesehen von hegemonialem Streben in Europa kaum triftige Belege finden lassen. Stichwort habsburgische Heiratspolitik: Indem er selbst Maria von Burgund ehelichte und auch seine Nachkommen strategisch klug verschacherte, schuf Maximilian die Grundlagen für den Aufstieg der Habsburger-Dynastie zur Großmacht.

Doch mit solchen Details wollte man sich in Innsbruck zum Auftakt des Gedenkjahres nicht aufhalten. Seit Ende November 2018 läuft die vom Tourismusverband finanzierte Lightshow Max 500. Zehn Euro kostet der Eintritt zum 20-minütigen Spektakel, das zu gereimten Plattitüden über das Kaiserleben auch Skifahrer und Mountainbiker über die Fassade der Hofburg flimmern lässt. Bis kurz vor Weihnachten zählte man 10.000 Besucher. Zumindest das könnte dem Kaiser gefallen haben. (Ivona Jelčić, 3.1.2019)