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Apple-Chef Tim Cook verweist vor allem auf Probleme am chinesischen Markt.

Foto: JASON LEE / REUTERS

Erste Anzeichen gab es schon in den vergangenen Wochen. Das Ausmaß der schlechten Nachrichten, die Tim Cook am Mittwoch zu verkünden hatte, schockierte dann aber selbst erfahrene Branchenbeobachter. In einem Brief an die eigenen Investoren gab der Apple-Boss eine massive Reduktion der Umsatzprognose fürs wichtige Weihnachtsquartal bekannt. Statt der ursprünglich erwarteten 89 bis 93 Milliarden US-Dollar werden nun "nurmehr" 84 Milliarden erwartet. Der Aktienmarkt reagierte darauf wie zu erwarten, der Apple-Kurs gab nachbörslich rund acht Prozent nach. Und dies, obwohl die Apple-Aktie in den vergangenen Wochen ohnehin schon deutlich abgebaut hat.

Spurensuche

Bleibt die Suche nach den Ursachen für diese Entwicklung, und hier liefert Apple selbst Hinweise. So verweist man auf deutlich unter den Erwartungen bleibende Absätze auf dem chinesischen Markt. Dafür verantwortlich sei unter anderem der von US-Präsident Trump heraufbeschworene Handelsstreit zwischen den USA und China.

Das dürfte allerdings nur ein Teil der Wahrheit sein. Einerseits schwächeln die Apple-Umsätze in China ohnehin schon länger, die Erwartungen waren hier also entsprechend nicht mehr sehr hoch. Andererseits gibt es auch andere – und zwar hausgemachte – Faktoren, auf die das Unternehmen indirekt verweist. Die Entscheidung, den Preis für einen Akkutausch deutlich zu reduzieren, habe ebenfalls eine Rolle gespielt, betont Cook. Die Logik dabei: Anstatt sich ein neues iPhone zu kaufen, greifen viele Apple-Nutzer einfach zu einem neuen Akku und verwenden ihr bestehendes Gerät noch ein oder zwei Jahre länger.

Akkutausch

Ein Problem, das sich das Unternehmen allerdings selbst eingebrockt hat. Immerhin hatte man jahrelang die Leistung von iPhones stillschweigend gedrosselt, sobald der Akku ein gewisses Leistungsniveau unterschritten hatte. Erst nachdem externe Forscher dieses Verhalten nachweisen konnten, gestand Apple diesen Umstand ein, bezeichnete das Ganze aber als Sicherheitsmaßnahme. Angesichts dessen, dass alternde Akkus tatsächlich zu einer Gefahr werden können, hat die Apple-Argumentation zwar prinzipiell eine gewisse Berechtigung. Die jahrelange Geheimhaltung legt aber auch eine andere Interpretation nahe: Nämlich dass dahinter ein simples Kalkül stand, die iPhone-Nutzer durch eine Leistungsreduktion zum Kauf eines neueren iPhones zu treiben.

Insofern sind es wohl nicht die angesichts der aktuellen iPhone-Preise eher läppischen 40 Euro, um die ein Akkutausch vorübergehend im Preis reduziert wurde, die wirklich ausschlaggebend waren. Vielmehr ist es die durch den öffentlichen Druck notwendig gewordene Transparenz, die Apple zu schaffen macht. Immerhin werden iPhone-Nutzer nun darüber informiert, dass ihr Akku ein Problem hat – und können so überhaupt eine bewusste Entscheidung zum Tausch treffen.

Behaltezyklen

Dazu kommt ein weiterer Effekt, der die gesamte Branche betrifft: Smartphones werden generell über einen immer längeren Zeitraum genutzt. Laut einer Untersuchung von Baystreet Research wurde etwa in den USA Ende 2014 ein Smartphone üblicherweise noch zwei Jahre behalten, bis es ausgetauscht wurde. Mittlerweile ist dieser Wert auf drei Jahre gestiegen, womit auch gut erklärt werden kann, warum im Vorjahr die weltweiten Smartphone-Absätze erstmals zurückgegangen sind.

Teuer, nicht genug Innovationen

Apple könnte diesen Effekt aber noch durch sein eigenes, recht kurzsichtiges Handeln befeuert haben. Im Bestreben, angesichts des schwächelnden Marktes die eigenen Profite zu maximieren, hat man die iPhone-Preise zuletzt massiv erhöht. Das bringt zwar kurzfristig Mehreinnahmen, hat aber – nicht ganz überraschend – auch den Effekt, dass sich viele Konsumenten zweimal überlegen, ob sie sich das neueste iPhone kaufen oder doch lieber auf das nächstjährige Modell warten.

In diese Kalkulation spielt dann noch ein anderer Punkt hinein: Die Innovationskurve im Smartphonemarkt ist in vergangenen Jahren generell stark verflacht. Die grundlegenden Technologien sind ausgereift, wirklich merkliche Leistungssprünge zwischen einer Hardwaregeneration und der nächsten gibt es nur mehr selten. Stattdessen versuchen sich die Hersteller mit allen möglichen Gimmicks und dem Fokus auf Äußerlichkeiten zu behelfen. Doch bei Preisen jenseits von 1.000 Euro überlegen viele Nutzer zweimal, ob sich die Investition in das neueste Topmodell noch lohnt. Für aufstrebende Märkte ist wiederum auch das etwas "günstigere" iPhone Xr noch immer reichlich teuer. Insofern ist es auch keine Überraschung, dass Apple in wichtigen Wachstumsmärkten wie Indien kaum einen Fuß auf den Boden bekommt.

Herausforderung für Cook

Bei all dem bleibt aber natürlich klar: Apple wird auch auf viele Jahre hinaus noch immer ein hochprofitables Unternehmen bleiben. Will man weiterwachsen, muss man sich aber nach neuen Einnahmequellen umsehen. Und genau das ist es, was Tim Cook bisher nicht gelungen ist. Ein echter Nachfolger für das iPhone als Wachstumstreiber ist nicht in Sicht. Zwar verweist man gerne auf das gut gehende Servicegeschäft rund um den App Store und Apple Music – etwas, das in den nächsten Wochen sicher wieder vermehrt zu hören sein wird –, mit dem iPhone-Hardwareverkauf kann sich dies aber nicht annähernd messen. Insofern stellt die aktuelle Entwicklung auch die bisher größte Prüfung für den Apple-CEO dar. So wird sich etwa zeigen, ob Cook bereits ist, den Verkaufspreis der iPhones zu senken, um die Absätze neu zu befeuern – und damit einen kurzfristigen Profitverlust in Kauf zu nehmen.

iPhones verkauften sich schon besser.
Foto: APA

Mit einem anderen Blickwinkel kann man der aktuellen Entwicklung aber durchaus auch etwas Positives abgewinnen. Immerhin ist der Umstand, dass Smartphones immer länger genutzt werden, zumindest für die Umwelt erfreulich, wird dadurch doch weniger Elektroschrott produziert. Dass die Apple-Aktionäre dies tröstet, darf allerdings bezweifelt werden. (Andreas Proschofsky, 3.1.2019)