Haben die Börsianer recht, sind die Kurse der Chiphersteller Botschafter eines gröberen Konjunkturabschwungs. Halbleiter und verwandte Produkte, die in der Auto-, Unterhaltungs- oder Handyindustrie ihre Abnehmer finden, sind an den Aktienmärkten massiv abgestraft worden. Die schwächelnden Apple-Zahlen haben den Werten zusätzlich Druck verschafft. Besonders in Mitleidenschaft gezogen wurde der steirische Konzern ams, dem eine besonders hohe Abhängigkeit von Apple zugeschrieben wird.

In Europa gehörten die Österreicher mit Zürcher Börsennotiz ebenso wie der deutsche Konzern Dialog Semiconductor zu den Unternehmen, die am stärksten vom US-Techgiganten abhängig seien, heißt es in eine Analyse von Credit Suisse. Auch andere österreichische Unternehmen wie AT&S sind in dem Sektor tätig, freilich mit unterschiedlichem Fokus. Infineon sitzt zwar in Deutschland, verfügt aber über große Produktionskapazitäten in Österreich.

Blick in einen Reinraum bei Infineon in Villach: Ohne halbleiterbasierte Bauelemente wäre Mobiltelefonie unmöglich, autonomes Fahren bliebe für immer ein Zukunftstraum.
Infineon Technologies Austria AG

Mit oder ohne Apple-Abhängigkeit spielt es sich derzeit in der Branche ab. Sie gilt als extrem schnelllebig, milliardenteure Fabriken werden eröffnet und nach wenigen Jahren wieder zugesperrt. Anbieter werden rasch von neuen Entwicklungen überrollt. Dazu kommt die starke Segmentierung. Ob ein Unternehmen auf Mikroprozessoren oder Speicherkartenchips setzt, macht einen großen Unterschied aus.

ams: Ende der 1970er-Jahre wagte die damalige Vöst den Sprung in die Halbleiterindustrie, später wurde das steirische Schloss Premstätten als erster heimischer Chipstandort auserkoren. Die rasante Expansion mündete 1993 in einen Börsengang. Inzwischen ist die einstige Austria Micro Systems, die heute nur noch ams heißt, auf 10.000 Mitarbeiter und 22 Designzentren angewachsen. Vor allem der iPhone-Boom brachte dem Zulieferer massive Zuwächse samt Kurssteigerungen: Von Anfang 2017 bis März 2018 konnte der Wert mehr als verdreifacht werden. Noch rasanter ging es seither bergab. Fundamental werden ams mit seinen optischen Sensoren weniger Probleme bescheinigt, als der Kurs andeutet. Zumal u. a. mit Medizintechnik, Unterhaltung und Autos weitere wichtige Absatzkanäle bestehen.
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AT&S: Das steirische Unternehmen hat sich auf die Produktion kleiner, leistungsstarker Leiterplatten spezialisiert und beliefert alle namhaften Smartphonehersteller, darunter auch Apple. AT&S wurde zuletzt an der Börse wie viele andere Zulieferer auch abgestraft. Daran könne man wenig ändern, heißt es am Firmensitz in Leoben/Hinterberg. Geschäftlich laufe es viel besser, als dies die Kursentwicklung vermuten lasse. Zwar entfallen 65 Prozent des Umsatzes auf Smartphone und Computer; darüber hinaus ist AT&S aber auch im Bereich Automotive, Medizin und Industrie engagiert. Derzeit sehe man keine Veranlassung, von der im Oktober gegebenen Guidance für Umsatzentwicklung (plus sechs bis acht Prozent) und Gewinnmarge (Ebit: 24 bis 26 Prozent) 2019 abzurücken.
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Infineon: Die Aktie des Chipherstellers Infineon, der an seinem größten Auslandsstandort in Villach gerade eine Milliardeninvestition durchzieht, ist zuletzt ebenfalls stark unter Druck geraten. Ob dies mit der Apple-Gewinnwarnung zu tun habe? "Anfragen bezüglich Lieferbeziehungen zu einzelnen Firmen beantworten wir in der Regel nicht", stellte eine Unternehmenssprecherin in der Münchner Zentrale klar.Neben Lösungen für autonomes Fahren ist Infineon auch im Bereich Gesichtserkennung zur Entsperrung von Smartphones engagiert. Infineon wurde 1999 von Siemens ausgegliedert. Der Industriekonzern wollte sich von dem schwankungsanfälligen Geschäft mit Speicherchips trennen. Infineon hat diesen Bereich 2006 unter dem Namen Qimonda ausgegliedert und an der Börse platziert. (as, stro, 4.1.2019)
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