Ruth Brauer-Kvam tobt über die Bühne.

Foto: Pertramer/Rabenhof
TheaterRabenhof

Wien – Die Bühne hat Arik Brauer selbst beigesteuert: eine Wand aus 18 drehbaren Feldern, vorne verziert mit je einem Motiv, das auf eine Station seines Lebens anspielt, und hinten Puzzleteil eines riesengroßen phantastisch-realistischen Gemäldes. Sonst konnte der Künstler am Freitag entspannt zuschauen, wie Tochter Ruth ihn im Rabenhof zum 90er feierte.

Am Ende gab es Torte für alle Anwesenden. Davor traf jedoch der virtuose Erzähler auf eine begnadete Interpretin. Sie schlüpft mit schwarzem Anzug und Hut verkleidet als der eigene Vater auf die Bühne, aber Arik wird keine süßliche familiäre Beweihräucherung. Sondern die kluge und herrlich übermütige Feier eines so poetischen wie politischen Chronisten des Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegswiens und eines so heiteren wie wachen Geistes: Was können, sich auskennen und sich was trauen muss man in dieser Welt!

"Mal- und Singsäugetier"

Ruth Brauer-Kvam mixt Lieder des "Mal- und Singsäugetiers" mit Erzähleinsprengseln. Man hört unterhalten und betroffen von Zinskasernen in der Vorstadt und dem Spiritussäufer mit dem Holzbein, von aus Brettern selbstgebauten Skateboards und Judenhass in der Schule. Aber auch von der Freiheit beim Fahrradfahren, von brotloser Kunst in Paris und dem Einbrechen beim Eislaufen.

Die Tochter nimmt sich die Freiheit, die Nummern des Vaters nicht nachzusingen, sondern eigenständig zu interpretieren: ausgelassen, leicht, melancholisch – und immer intensiv. Bei Sie hab'n a Haus baut steigert und schreit sie sich schrill in die Rolle der hysterischen Nachbarin hinein. Ob sie das schon lange mit sich getragen oder sich die Songs extra für das Programm vorgeknöpft hat? Fantastisch schmettert dazu die Liveband.

Das Leben ist eine "Mordsgaude", auch wenn wir "gebuan für die Gruabm" sind. Voll Schmäh lockt das zum Wiederentdecken der Ikone. Mit diesem Abend macht Brauer-Kvam auch sich selbst ein großes Geschenk. (wurm, 6.1.2019)