Möglicherweise muss nun die Datenschutzkommission entscheiden, ob die Post mit ihren Daten gesetzeskonform umgeht.

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Die österreichische Post analysiert Daten von und über ihre Kunden und verwendet sie, um zielgruppengerechten Werbeversand anzubieten. Soweit, so bekannt, denn diese Praxis ist auch in den Geschäftsbedingungen ausgeschildert.

Allerdings, so zeigt eine Recherche von "Addendum", geht es dabei nicht nur um den Verkauf üblicher Produkte und Dienstleistungen. Mittels statistischer Verfahren und den Abgleich mit Wahlergebnissen auf Sprengelebene ermittelt man auch, wer welcher Partei positiv gesinnt und somit gegenüber Werbesendungen besonders empfänglich sein könnte.

Eine Praxis, über die nun zwischen dem Logistikunternehmen und Datenschützern eine heftige Konfrontation entbrannt ist. Denn sie ist nach Ansicht von Epicenter.works illegal. Es würde den Werbekunden "bewusst eine Mutmaßung über die politische Orientierung gegeben", damit diese ihre Botschaft zielgerichtet anbringen könnten.

Datenschützer vs. Post

Auch beim Verein für Konsumenteninformation (VKI) zweifelt man an der Rechtmäßigkeit dieser Praxis. Die Post selbst beruft sich auf den Paragrafen 151 der Gewerbeordnung, der die Nutzung von Kundendaten für Marketingzwecke nach Einwilligung erlaubt. Diese erteilen Kunden bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen wie Nachsendeaufträgen. Man nutze die Daten auch nur "strikt" für diesen Zweck.

Beim VKI sieht man das Vorgehen jedenfalls nicht von der Gewerbeordnung gedeckt. Die Verordnung decke die Arbeit von Adressverlagen ab und sei auf das Werbegeschäft der Post nach Einschätzung von Chefjurist Thomas Hirmke gar nicht anwendbar. Post-Kunden rät er, eine Datenschutzauskunft bei der Post zu beantragen und gegebenenfalls die Löschung der eigenen Daten zu verlangen. Über eine Beschwerde bei der Datenschutzkommission könnte zudem geklärt werden, ob die Praxis der Post legal ist.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Post wegen ihrer Weiterverwertung von Kundendaten im Clinch mit Aktivisten liegt. Bereits drei Mal wurde dem Unternehmen der Schmähpreis "Big Brother Award" verliehen – zuletzt im Jahr 2008.

Zweifel an Nützlichkeit der Daten

Die Post verfügt nach eigenen Angaben über drei Millionen Datensätze und Profile. Mögliche Parteipräferenzen hat man für 2,2 Millionen Österreicher errechnet. Der Statistiker Laurenz Ennser-Jedenastik vom Institut für Staatswissenschaft an der Uni Wien, der auch das Blog "STANDARD-Abweichung" betreibt, zweifelt an der politischen Verwertbarkeit der Post-Daten.

Im Kern gehe es um Alter, Geschlecht und Adresse. Diese Informationen hätten "zwar messbare, aber in Summe sehr kleine Effekte auf das Wahlverhalten", schreibt er auf Twitter. Er geht davon aus, dass die Treffsicherheit hinsichtlich der Parteiaffinität bei weniger als 50 Prozent liegt.

Die Post ist nicht das einzige Unternehmen, das umfangreiche Datenbestände anlegt und auswertet. Durch die Verwendung für zielgruppenorientierte Werbung setzt sie auf das Modell, das online beispielsweise von Facebook und Google gepflegt wird. Gerade Facebook steht für seinen Umgang mit Nutzerdaten seit Monaten unter zunehmendem öffentlichen und politischen Druck.

Datenhungrige Supermärkte

Viele Daten sammeln auch Supermärkte über die Besitzer von Kundenkarten, die im Gegenzug dafür Rabatte erhalten. Eine Datenschutzauskunft des STANDARD am Beispiel der Kette "Billa" zeigt. Dort speichert man Einkäufe inklusive Produktaufstellung, Bezahlsumme, Filiale, Zahlungsart und Zeitpunkt.

Analysiert wird für firmeneigenes_Marketing. um beispielsweise festzulegen, ob jemand ein Rabattangebot auf vegetarische Gerichte oder Produkte in der Fleischtheke bekommt. Die Daten werden je nach Kategorie bis zu zehn Jahre gespeichert. (red, 07.01.2019)