Die Idee von Immuntherapien: Das Immunsystem gegen Krebszellen scharf machen und in den Kampf schicken. Doch jede wirksame Therapie hat auch Nebenwirkungen. Dieses Problem will nun ein Forschungsteam des Unispitals Lausanne (CHUV) um Michel Obeid mit einem zielgerichteten und auf den Patienten zugeschnittenen Ansatz lösen.

Bei der Immuntherapie werden mithilfe von Medikamenten die natürlichen "Bremsen" des Immunsystems gelöst, damit es effizient gegen Krebszellen vorgehen kann. In manchen Fällen kommt es dadurch jedoch auch zu ungewollten Entzündungsreaktionen, die eine Vielzahl von Organen betreffen können.

Diese sogenannte Autoimmun-Toxizität zu behandeln ist nicht einfach, da die Effizienz der Immuntherapie gegen den Krebs nicht reduziert werden soll. Mitunter verschaffen die gegen die Entzündungsreaktion eingesetzten Medikamente (Steroide) ungenügend Abhilfe oder lösen selbst Nebenwirkungen aus.

Erster Erfolg

Wissenschafter berichten nun im Fachblatt "The Lancet Oncology" von einem individualisierten Ansatz gegen diese Autoimmun-Toxizität. Dazu wird zunächst eine Biopsie des entzündeten Gewebes analysiert, um die Immunreaktion aufzuschlüsseln. Die Ergebnisse können Mediziner anschließend in einen Algorithmus einspeisen. In Form eines Entscheidungsbaums können Mediziner so ermitteln, wie sie die Medikation des Patienten anpassen könnten. Ziel ist es dabei, mit den passenden Medikamenten ganz spezifisch die Faktoren zu hemmen, die für die unerwünschte Überreaktion des Immunsystems verantwortlich sind, den Angriff auf die Krebszellen aber unbehelligt zu lassen.

Die Forscher stellten den Vorteil ihres Ansatzes bereits bei einem Lungenkrebs-Patienten unter Beweis, der aufgrund der Immuntherapie eine Speiseröhrenentzündung mit Komplikationen entwickelt hatte. Die Behandlung mit Steroiden schlug über mehrere Monate nicht an. Mithilfe der Gewebsanalyse und des Algorithmus wählten die Mediziner eine neue Formel zielgerichteter Immunsystem-Hemmstoffe. Mit Erfolg: Die Speiseröhrenentzündung ließ sich damit beheben und machte die Steroid-Behandlung bald überflüssig. (APA, 9.1.2019)