Essen/Seyne-les-Alpes/Düsseldorf – Hinterbliebene des Germanwings-Absturzes mit 150 Toten haben bei ihrer Klage auf höheres Schmerzengeld nun den Lufthansa-Konzern direkt ins Visier genommen. Die Klage richtete sich bisher gegen eine Flugschule der Germanwings-Mutter Lufthansa in den USA, an der der Co-Pilot der Unglücksmaschine ausgebildet wurde. Ende 2018 wurde sie erweitert, sagte Hinterbliebenen-Anwalt Elmar Giemulla.

Die Klage richte sich jetzt auch gegen die Lufthansa AG, erläuterte der Rechtsvertreter. Seit 2017 klagen fast 200 Angehörige von 42 Todesopfern am Landgericht Essen. Ein Gerichtssprecher bestätigte am Montag den Eingang der Klageerweiterung.

Der den Ermittlern zufolge psychisch kranke Co-Pilot soll den Airbus am 24. März 2015 absichtlich gegen einen Berg in den französischen Alpen gesteuert haben. Alle 150 Menschen an Bord starben. Seine Ausbildung an der Flugschule hatte der Co-Pilot wegen einer schweren Depression nur mit einer Sondergenehmigung beenden können. Die Kläger werfen der Flugschule Versäumnisse vor.

Zahlungen zu niedrig

Die Lufthansa hatte nach dem Unglück bereits Zahlungen geleistet. Diese sind nach Auffassung der klagenden Hinterbliebenen aber zu niedrig. Nach früheren Angaben der Fluggesellschaft erhielten nächste Angehörige pro Person 10.000 Euro Schmerzengeld. Nach Angaben des Anwalts Giemulla klagen die Angehörigen auf die Zahlung von weiteren 30.000 Euro. Für jedes Todesopfer haben die Angehörigen außerdem 25.000 Euro sogenanntes vererbbares Schmerzengeld erhalten. Hier soll die Lufthansa weitere 25.000 Euro je Opfer zahlen.

Die Lufthansa hat laut Giemulla einen Vergleich bisher abgelehnt. Die Fluggesellschaft wollte sich auf dpa-Anfrage am Montag mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht äußern.

Erste Klage zurückgewiesen

Eine Schmerzengeld-Klage war bereits 2016 in Arizona am Sitz der Flugschule "Airline Training Center Arizona" (ATCA) eingereicht worden. Dort wurde sie zurückgewiesen mit dem Hinweis, sich an ein deutsches Gericht zu wenden. Wenn die deutsche Justiz ablehne, wollten sich die US-Richter den Fall noch einmal anschauen.

Giemulla verlangt nach eigenen Angaben von der Flugschule Akteneinsicht. Er will zudem in den USA Zeugen vernehmen, um Versäumnisse zu belegen. Das Gesamtanliegen der Hinterbliebenen sei neben dem Schmerzengeld, dass aufgeklärt werde, "an welcher Stelle im Weltkonzern der psychisch kranke Co-Pilot durch das Kontrollnetz gefallen ist", sagte der Anwalt weiter. (APA, 7.1.2019)