Peter Boghossian (Mitte) hatte gemeinsam mit James Lindsay und Helen Pluckrose unter anderem mit einer Quatschstudie über hündische Vergewaltigungen im Park für heftige Debatten gesorgt. Nun droht ihm dafür von seiner Uni Ungemach.

Mike Nayna

Portland – Der Skandal machte weltweit Schlagzeilen: Ein Forschertrio hatte in knapp einem Jahr zwanzig absurde Hoax-Studien verfasst, um zu testen, wie rigoros die wissenschaftlichen Standards von sozial- und geisteswissenschaftlichen Zeitschriften sind. Anfang Oktober gingen der Philosoph Peter Boghossian, der Mathematiker James Lindsay und die Mediävistin Helen Pluckrose an die Öffentlichkeit: Insgesamt sieben anerkannte Fachjournale vor allem im Bereich der kulturwissenschaftlichen Geschlechter- und Identitätsforschung hatten den Nonsens akzeptiert und ihn zum Teil auch schon gedruckt.

Die Urheber des Streichs wollten damit eine sich links gebende "politische Korrumpiertheit" kritisieren, die sich in manchen Bereichen der Geisteswissenschaften eingenistet habe. (Der STANDARD berichtete.) Für Peter Boghossian hat die Sache ein Nachspiel, wie nun bekannt wurde: Die Portland State University (PSU) im US-Bundesstaat Oregon, an der Boghossian arbeitet, leitete nämlich ein Verfahren gegen den Philosophen ein.

Vorwurf: Fehlende Genehmigung und Datenfälschung

Das Institutional Review Board (IRB), eine Art Untersuchungsausschuss der PSU, war zu dem Schluss gekommen, Boghossian habe gegen die ethischen Richtlinien der Universität verstoßen. In den Hoax-Studien werde über Menschen geforscht, was eine Genehmigung durch das IRB benötigt hätte. Zudem werde noch geprüft, ob sich Boghossian auch der Fälschung von Daten für seine Untersuchungen schuldig gemacht habe.

Peter Boghossian erklärt den Sachverhalt aus seiner Sicht.
Mike Nayna

Nur 24 Stunden nachdem dieses Verfahren publik wurde, waren mehr als 100 Briefe bei der PSA eingegangen, in denen Forscher und Intellektuelle gegen das Verhalten der Universität protestierten. Einige der Schreiben – unter anderem von dem Biologen Richard Dawkins und dem Psychologen Steven Pinker – liegen auch dem STANDARD in Kopien vor.

Kritik als Lebensnerv der Wissenschaft

Harvard-Professor Pinker schreibt unter anderem: "Kritik und offene Debatte sind der Lebensnerv der Wissenschaft; sie unterscheiden Universitäten von Institutionen des Dogmas und der Propaganda. Wenn Wissenschafter das Gefühl haben, dass sie ungerechtfertigter Kritik ausgesetzt waren, sollten sie erklären, warum sie die Kritik für falsch halten. Es sollte aber unter ihrer Würde sein, die Kritiker zu bestrafen und so zum Schweigen bringen zu wollen."

Und Dawkins, Emeritus der Oxford University, meint in seinem Protestschreiben: "Wenn die Mitglieder Ihres Untersuchungsausschusses gegen die Idee der Satire als Form des kreativen Ausdrucks protestieren, sollten sie das offen auf den Tisch legen. Aber vorzugeben, dass es sich um die Veröffentlichung falscher Daten handelt, ist so offensichtlich lächerlich, dass man nicht um den Verdacht herumkommt, dass es dabei um etwas ganz anderes geht." (tasch, 7.1.2019)