Im nordkoreanischen Hochsicherheitszug saß Kim Jong-un in Wagon sechs. In Peking ging es auch um die Beziehungen zu den USA.

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Ausgerechnet an seinem Geburtstag ist Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un zu seinem vierten Gipfeltreffen mit Chinas Präsident Xi Jinping innerhalb eines halben Jahres nach Peking aufgebrochen. Viel wichtiger ist jedoch eine andere Gleichzeitigkeit: Kims Staatsbesuch fällt mit den ebenfalls in der chinesischen Hauptstadt stattfindenden Handelsgesprächen zwischen China und den USA zusammen.

Von Experten wird das Treffen zwischen Kim und Xi daher vor allem als mahnende Botschaft an US-Präsident Donald Trump gedeutet. Zumal Kim in Peking auf Schritt und Tritt von Kim Yong-chol begleitet wird – Nordkoreas Chefverhandler mit den USA.

China demonstriert Unterstützung für Nordkorea.
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Erst vor einer Woche hat Kim Jong-un schließlich das Jahr 2019 mit einem diplomatischen Paukenschlag eingeleitet: In seiner Neujahrsrede, heuer erstmals in einem bewusst staatsmännischen Setting zwischen Kaminsims, Bücherregalen und holzvertäfelten Wänden, machte Nordkoreas Machthaber deutlich, dass man "einen neuen Weg" einschlagen werde, sollten die USA bei den Verhandlungen zur Denuklearisierung nicht mit den versprochenen Gegenleistungen rausrücken – im Klartext: Lockerungen der Wirtschaftssanktionen.

Kim will Sicherheitsgarantie

In den meisten Medien wurde dies als offene Drohung gedeutet, dass das Regime in Pjöngjang wieder zu seinem Provokationskurs aus Atomtests und militärischem Säbelrasseln zurückkehrt. Nordkorea-Experte Rüdiger Frank von der Universität Wien geht jedoch von einer wesentlich plausibleren Variante aus: Kim mache den Amerikanern lediglich klar, dass sie nicht die einzige Option für wirtschaftliche Entwicklung und Sicherheitsgarantien seien. Stattdessen könne sich Nordkorea jederzeit nach China wenden.

Das gegenseitige Ausspielen von geopolitischen Großmächten hat Pjöngjang schließlich bereits während des Kalten Krieges perfektioniert, als es je nach Interesse zwischen China und der Sowjetunion oszillierte. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie realistisch eine solche Drohung ist, analysiert Frank im Fachmedium 38 North: "Es ist nicht sicher, ob China tatsächlich einem so unzuverlässigen und schwierigen Verbündeten wie Nordkorea volle Unterstützung anbieten würde. Auf der anderen Seite dürfte Pjöngjang sich ebenfalls nicht wohl dabei fühlen, seine bereits erdrückende Abhängigkeit von China weiter auszubauen."

Wohlwollender Empfang

Am Dienstag hat sich Pekings Außenministeriumssprecher Lu Kang nur vage zur Denuklearisierungsdebatte geäußert: Peking habe bisher immer eine positive Rolle gespielt, wenn es darum ging, eine Lösung in der Korea-Frage zu finden.

Chinas Staatsmedien empfingen Kim jedenfalls vergleichsweise wohlwollend. Dabei betonten sie stets die Jugendlichkeit des Staatsoberhaupts, die angesichts seines Rangs in den konfuzianisch geprägten Gesellschaften Ostasiens überaus unüblich ist. Der bekannte Journalist Liu Hong von einem Ableger der Nachrichtenagentur Xinhua bezeichnete Kim in einem vielfach geteilten Wechat-Posting gar als "Millennial, der über Wind und Wolken befiehlt". Dank des staatsnahen Propagandaorgans "Global Times" wissen wir nun auch, worüber oft gerätselt wurde: das exakte Geburtsjahr von Kim Jong-un. 35 ist er geworden. (Fabian Kretschmer aus Seoul, 9.1.2019)