Tokio – In der Regel blicken wir als blutjunge Spezies in den Weltraum hinaus auf Objekte, die um mehrere Größenordnungen älter sind als wir. Der junge Stern L 1527, der etwa 450 Lichtjahre von uns entfernt ist, kehrt dies um: Er ist erst wenige zehntausend Jahre alt – angesichts der annähernd 300.000 Jahre, die der Homo sapiens bereits auf dem Buckel hat, dürfen wir uns bei der Beobachtung von L 1527 also ausnahmsweise einmal so uralt fühlen wie Cthulhu und Konsorten.

Die Beobachtung

Ein Team um die japanische Astronomin Nami Sakai vom Riken-Forschungsinstitut hat den jungen Stern – oder Protostern – mit Hilfe des Radioteleskop-Observatoriums ALMA in Chile einer solchen Beobachtung unterzogen und dabei festgestellt, dass L 1527 eine Besonderheit aufweist. Wie es für Sterne seiner Altersstufe die Regel ist, umgibt ihn eine protoplanetare Scheibe aus Gas und Staub, aus der sich in Zukunft Planeten bilden werden. Diese Scheibe ist im vorliegenden Fall allerdings verzerrt. Sie gliedert sich in einen inneren und einen äußeren Teil, und diese beiden Hälften rotieren nicht in derselben Ebene um den Stern.

Die Ursachen dafür sind laut Sakai noch unklar. Es könnte Unregelmäßigkeiten in den Gas- und Staubströmen der ursprünglichen Molekülwolke gegeben haben, die erhalten geblieben sind, nachdem sich die Wolke zur protoplanetaren Scheibe geformt hat. Oder das Magnetfeld des Sterns ist im Verhältnis zur Rotationsebene verschoben und beeinflusst den inneren Teil der Scheibe.

Mögliche Folgerungen

Planeten kreisen nicht immer um den Äquator ihres Sterns. In unserem Sonnensystem halten sich die Ausreißer zwar in Grenzen, man hat jedoch schon Sternsysteme entdeckt, in denen die Planetenorbits viel stärkere Abweichungen aufweisen. Eine gängige Hypothese besagt, dass betreffende Planeten durch gravitative Wechselwirkungen oder gar Kollisionen aus ihren ursprünglichen Bahnen geworfen wurden und schließlich auf ganz anderen zu einem neuen Gleichgewicht fanden.

Sakai schlägt nun vor, dass abweichende Bahnen ihren Ursprung auch in Unregelmäßigkeiten der protoplanetaren Scheibe haben könnten – ganz ohne kosmische Katastrophen. Es bedürfe daher der Untersuchung weiterer Sternsysteme, um festzustellen, ob es sich bei der verzerrten Scheibe um L 1527 um ein seltenes oder ein häufig auftretendes Phänomen handelt. (jdo, 13. 1. 2019)