Das Hotel Carinthia in Velden am Wörthersee ist einer jener Betriebe, die sich an einem Forschungsprojekt zur Integration von Asylwerbern in der Tourismusbranche beteiligt haben.

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Zwei große gesellschaftliche Probleme auf einen Schlag will ein Forschungsprojekt von Kärntner Forschern in den Blick nehmen: zum einen für den massiven Fachkräftemangel in der Tourismus-Branche, zum anderen für die Integration von Flüchtlingen. Unter dem Titel "TourIK – Tourismus und Integration in Kärnten" zielt das Projekt darauf ab, geflüchtete Menschen unabhängig von ihrem Asylstatus für Mangelberufe in der Kärntner Gastronomie und Hotellerie vorzuqualifizieren und anschließend auf entsprechende Lehrstellen zu vermitteln.

Vor einem Jahr haben rund 30 Asylwerber und -berechtigte, darunter auch etliche unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, nach einer umfangreichen Potenzialanalyse ein entsprechendes Ausbildungsprogramm am Tourismus Wissenslabor der Fachberufsschule für Tourismus Warmbad Villach beginnen können. Im Rahmen dieser einjährigen Vorlehre wurden die Teilnehmer und Teilnehmerinnen theoretisch und praktisch auf ihre zukünftigen Lehrberufe vorbereitet und zudem von der Diakonie de La Tour sozialpädagogisch betreut. Neben der Vermittlung von Fach- und Deutschkenntnissen standen auch zwei Praxisblöcke in den Bereichen Küche und Service bei einem heimischen Betrieb auf dem Programm.

Wie zufrieden die großteils in der gehobenen Hotellerie und Gastronomie angesiedelten Unternehmen mit den jungen Syrern, Afghanen, Iranern und Irakern waren, zeigen sechs Lehrverhältnisse und ein reguläres Arbeitsverhältnis, die bereits früher als geplant aus diesen Praktika hervorgegangen sind.

Ambitioniert und gut betreut

"Rahmatullah hat uns heuer die Saison gerettet", freut sich etwa Katrin Liesenfeld von der Art Lodge in Verditz. "Ohne seine Hilfe im Service hätte ich die volle Terrasse nicht bewältigen können." Er sei motiviert und zuverlässig, denke mit und sei eine große Hilfe im Betrieb. Ein anderer Projektteilnehmer absolviert seit Juli eine Kochlehre im Hotel Carinthia in Velden. "Wenn er in Österreich bleiben darf, wird er die Lehre bestens abschließen, ein herausragender Koch und eine Bereicherung für unsere Gesellschaft werden", sagt Hotelbetreiber Max Egger über den Lehrling.

Nun, nachdem die Gruppe kürzlich den Abschluss ihrer Vorlehre feierte, haben insgesamt elf Teilnehmer eine Lehrstelle, zwei weitere Lehreintritte sind für Anfang dieses Jahres geplant. "Für die meisten dieser Lehrlinge wurde eine Kooperationsvereinbarung zwischen Betrieb und Diakonie abgeschlossen", berichtet Marika Gruber von der FH Kärnten, die das Projekt wissenschaftlich begleitet. Darin werde festgelegt, dass der neue Lehrling und "sein" Betrieb auch nach Beendigung der Vorlehre von Experten der Diakonie begleitet werden. "Diese Betreuung reicht von fremdenrechtlichen Beratungen über Leistungen der sozialen Arbeit bis hin zur Krisenintervention", sagt Gruber. "Letztlich soll damit ein harmonischer Übergang in den regulären Lehrbetrieb sichergestellt werden." Zudem gebe es für die Partnerbetriebe diverse Förderangebote.

Fast wäre es eine Erfolgsgeschichte geworden: Die händeringend nach Mitarbeitern suchenden Gastronomiebetriebe können sich über gut vorbereitete, engagierte neue Mitarbeiter freuen, die jungen Flüchtlinge erhalten eine echte Chance auf berufliche und soziale Integration, und die Gesellschaft muss sich weniger Sorgen über unbeschäftigte Jugendliche aus fremden Kulturen machen. Eigentlich eine klassische Win-win-win-Situation. Der jedoch durch einen am 12. September 2018 in Kraft getretenen Erlass der Boden entzogen wird.

Keine Lehre für Asylwerber

Seither dürfen Asylwerber keine Lehre mehr beginnen – auch nicht in Mangelberufen. "Zehn Projektteilnehmer können aufgrund dieses Erlasses nun keine Lehre absolvieren", heißt es aus der Diakonie. "Für viele Betriebe, die sich im Zuge der Praxisphase bereits für einen Auszubildenden oder eine Auszubildende entschieden hatten, ergeben sich durch diese Änderung nun Unsicherheiten in der Lehrstellenplanung, mitunter bleiben Ausbildungsplätze weiterhin ohne passenden Bewerber." Und was passiert mit den Jugendlichen, die trotz laufenden Asylverfahrens schon vor dem 12. September eine Lehre begonnen haben? "Diese dürfen ihre Lehre vorerst weiter absolvieren", so Marika Gruber. Erhält der Lehrling jedoch einen negativen Asylbescheid, ist ihm oder ihr der Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt damit versperrt.

Eigentlich sollten die "TourIK"-Teilnehmer und -Teilnehmerinnen gleich nach Abschluss der Vorqualifizierung Ende November an interessierte Betriebe vermittelt werden. Was geschieht nun mit diesen bereits gut auf ihre erhofften Jobs vorbereiteten Asylwerbern? "Sie werden weiterhin individuelle Nachhilfe in bestimmten Fächern wie IT oder Deutsch bekommen, damit sie bestmöglich auf die Berufsschule vorbereitet sind", sagt Martina Gruber. Bis zum Projektende am 31. Juli sollen die sozialpädagogische Betreuung für alle sowie die Arbeitsmarktvermittlung für alle, die dürfen, fortgesetzt werden.

Initiiert wurde das "TourIK"-Projekt übrigens vom Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds und der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank GmbH, Förderungen kommen vom AMS Kärnten und dem Wirtschaftsministerium. Neben Integration geht es dabei auch um wirtschaftliche Interessen und Standortsicherung. Immerhin fehlten vergangenen Sommer in Kärnten rund 730 Köche und Kellner. (Doris Griesser, 13.1.2019)