Am Montag hat Google das aktuellste Update für seine eigenen Smartphones und Tablets zum Download freigegeben. Angesichts des monatlichen Rhythmus für Sicherheitsaktualisierungen eigentlich ein wenig aufregendes Ereignis. Doch in diesem Fall geht damit das Ende einer Ära einher: Jene der Nexus-Smartphones. Die letzten beiden Vertreter von Googles beliebter Gerätereihe werden die neue Version also nicht mehr erhalten, der Support ist an seinem endgültigen Ende angekommen.

Nexus One

Seinen Anfang hat die Nexus-Reihe im Jahr 2010 genommen – und zwar einen sehr ambitionierten. Mit dem Nexus One wollte Google die Smartphone-Welt durcheinanderwirbeln. Statt über Mobilfunker sollte das Gerät ausschließlich über Google selbst verkauft werden. Ein sehr offensichtlicher Versuch Googles, der Macht der Provider zu entkommen. Diese hatten damals – und zum Teil bis heute – erheblichen Einfluss auf die mitgelieferte Software auf Android-Smartphone. Google schwebte hingegen anderes vor: Eine sorgsam ausgewählte Softwareausstattung ähnlich jener bei Apples iPhone, wo man sich dem Einfluss der Provider von Anfang an entziehen konnte.

Noch mit Trackball: Das Nexus One war der erste Eintrag in der Nexus-Reihe.
Foto: Google

Und tatsächlich bekam das Nexus One eben für diesen Ansatz viel Lob von Kritikern. Statt der gewohnten Fülle an Bloatware gab es hier erstmals eine erheblich schlankere – und auch flottere – Softwareausstattung. Und auch ein anderes zentrales Merkmal der Nexus-Reihe war damals schon vorhanden: Die Hardware wurde nämlich nicht von Google entwickelt sondern von einem Dritthersteller zugeliefert – in diesem Fall HTC. Aus den großspurigen Plänen von Google wurde übrigens nichts, bereits nach wenigen Monaten wurde der Eigenvertrieb wieder eingestellt. Erst Jahre später sollte Google diese Aufgabe wieder selbst in die Hand nehmen – allerdings nicht exklusiv. Auch heute setzt das Unternehmen wieder auf Partnerschaften mit den Mobilfunkbetreibern, diese Revolution kann also als gescheitert angesehen werden.

Nexus S

Noch im gleichen Jahr folgte dann bereits das nächste Nexus-Modell: Das Nexus S. Für dieses konnte man einen neuen Partner finden und zwar einen, der gerade am Anfang einer sehr großen Android-Karriere stand: Samsung. Die Hardware ähnelte jener des ersten Galaxy S sehr. Es war auch das erste Nexus-Gerät, das – zumindest in manchen Ländern – mit einem AMOLED-Screen ausgeliefert wurde.

Die Live Wallpapers gab es beim Nexus S erstmals zu sehen.
Grafik: Google

Die Rolle des Nexus S wurde von Google bereits erheblich anders definiert: Als "Lead Device" sollte es die weitere Richtung für Android vorgeben, und nicht zuletzt auch als Entwicklungsplattform für neue Softwaregenerationen dienen. Google umschrieb diesen Ansatz einst recht nüchtern: "Wenn wir schon ein Gerät zur Android-Entwicklung brauchen, können wir auch gleich ein paar mehr davon produzieren und an die Fans verkaufen". Ambitionen davon wirklich große Stückzahlen zu verkaufen, gab es also zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Übrigens war es Android 2.3, das auf dem Nexus S sein Debüt gab, und damit eine der – zumindest zahlenmäßig – erfolgreichsten Generationen von Googles Software: An ihrem Höhepunkt war sie auf fast zwei Drittel aller Smartphones mit Android zu finden.

Galaxy Nexus

Das Jahr 2011 sah die zweite Kooperation mit Samsung: Das Galaxy Nexus fiel vor allem mit seinen für damalige Zeiten geradezu riesig anmutendem 4,65-Zoll-Bildschirm auf, der noch dazu leicht gebogen war. Auch bei der Software gab es große Neuerungen: Mit Android 4.0 wurde dem Betriebssystem unter dem Namen "Holo" ein komplett neuer grafischen Stil verpasst. Zudem setzte es erstmals komplett auf Softwareknöpfe anstatt der zuvor dominierenden Hardware- oder Soft-Touch-Buttons. Das Galaxy Nexus war aber noch in anderer Hinsicht besonders. Wurde das Gerät doch parallel auch von Samsung beworben, während andere Partner diese Aufgaben Google überließen.

Grafik: Google

Der Einfluss von Samsung hatte für die Konsumenten allerdings nicht nur erfreuliche Konsequenzen. Je nachdem wo man sein Galaxy Nexus gekauft hatte, wurde es nämlich mit leicht anderer Software ausgeliefert. Der zentrale Unterschied: Bei einem dieser Builds übernahm Samsung die Verantwortung über die Updates – wodurch der zentrale Vorteil dieser Geräte zunichte gemacht wurde. Die Samsung-Varianten erhielten neue Versionen erheblich später als jene mit Google-Build. Doch hier erwies sich eine andere Entscheidung von Google als Retter in der Not: Bestand das Unternehmen doch darauf, dass alle der eigenen Smartphones einfach entsperrt werden können. Also war es den Nutzern einfach möglich, die Google-Ausführung der Software aufzuspielen, und infolge wirklich alle Updates zu erhalten. Überhaupt bleibt dieses leicht zugänglich Entsperren bis heute einer der zentralen Vorteile von Google-Devices.

Nexus 4

Die Nexus-Reihe verbinden viele Smartphone-Nutzer vor allem mit einem hervorragenden Preis/Leistungsverhältnis. Ein Ruf, der eigentlich nicht ganz korrekt ist, galt dies doch nur für einen relativ engen Ausschnitt in der Nexus-Geschichte. Der erste Vertreter dieser Strategie war das Ende 2012 erschienene Nexus 4: Um gerade einmal 399 Euro bot es Hardware, die mit damaligen Topgeräten vergleichbar war. In Kombination mit "Stock Android" sorgte dies dafür, dass das von LG produzierte Smartphone erheblich erfolgreicher als frühere Nexus-Smartphones werden sollte.

Unter der Glasoberfläche des Nexus 4 befand sich eine glitzernde Folie.
Foto: Proschofsky / STANDARD

In Österreich hätte das Nexus 4 übrigens zunächst erheblich teurer verkauft werden sollte. War hier doch LG für die Vermarktung zuständig, und der Hardwarehersteller wollte verhindern, dass dem beinahe baugleichen Optimus G das Wasser abgegraben wird. Also sollte auch das Nexus 4 um 550 Euro verkauft werden. Erst nach einiger Aufregung und einem Deal mit "3" wurde der Preis auf ein mit Deutschland vergleichbares Niveau gesenkt.

Nexus 5

Der Verkaufsschlager unter allen Nexus-Smartphones folgte aber im Jahr 2013: Das Nexus 5. Da lag nicht zuletzt am Preis. Mit 349 Euro war es noch einmal billiger als sein Vorgänger, und fand so reißenden Absatz. Als Partner kam einmal mehr LG zum Einsatz. Eine Entscheidung, dies sich später bei vielen Käufern auf wenig erfreuliche Weise bemerkbar machen sollte: Stellte sich doch heraus, dass LG ein Problem mit seinem Produktionsprozess hatte, was dazu führte, dass sich nach gewisser Zeit Lötstellen lösten – ein "Bootloop" war die Folge.

Das Nexus 5: Der Besteller schlechthin in der Nexus-Reihe.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Nexus 6

Im Jahr 2014 war dann plötzlich alles wieder anders: Mit dem Nexus 6 wurde ein Smartphone vorgestellt, das nicht so recht in die bisherige Strategie passen wollte. So war es nicht nur erheblich teurer als sein Vorgänger, es wirkte auch rein äußerlich wie ein mit einem anderen Logo versehenes Motorola-Gerät. Und genau genommen war es das auch: Eigentlich wollte Google in diesem Jahr die Nexus-Reihe beenden, da man unter dem Namen "Android Silver" eine neue High-End-Reihe plante. Google sollte dabei nur die Software und die Updates liefern, während die Geräte unter den Marken der Hersteller verkauft werden.

Der Codename Shamu (ein Killerwal) sagt alles aus: Nexus 6 war wirklich groß.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Doch die Initiative verlief im Sande, und so stand Google plötzlich ohne Geräte für sein brandneues Android 5 dar – und damit einer der wichtigsten Softwareversionen in der Geschichte des Betriebssystems. Mit dem Material Design wurde damals der Grundstein für eine optische Vereinheitlichung des Systems gelegt. In der Not griff Google dann einfach zu einem eigentlich für Android-Silver gedachten Smartphone-Design der damaligen Google-Tochter Motorola. Als Gerät für die breite Masse war es aber alleine schon aufgrund seiner Abmessungen kaum geeignet. Mit seinem 5,96-Zoll-Bildschirm wirkt es selbst für heutige Geräte noch immer ziemlich groß, vor allem weil es dabei deutlich breiter als die meisten aktuellen Smartphones ist.

Nexus 5X und 6P

2015 gab es dann erstmals zwei Nexus-Smartphones gleichzeitig: Das für preisbewusste Konsumenten gedachte Nexus 5X sowie das High-End-Gerät Nexus 6P. Als Partner agierten dabei zwar LG und Huawei, gleichzeitig waren hier aber schon die Gleise für den Umstieg auf die Pixel-Reihe gelegt. Schon beim Nexus 5X und 6P kümmerte sich Google selbst um die Entwicklung zentraler Komponenten.

Im Duo veröffentlicht: Nexus 5X (unten) und Nexus 6P.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Tablets

Es sollte allerdings nicht vergessen werden, dass die Nexus-Reihe nicht bloß von Smartphones geprägt wurde. So wurde 2012 mit dem Nexus 7 ein erstes Tablet unter dieser Marke vorgestellt. Vor allem dank des niedrigen Preises von rund 200 Euro fand dies auch regen Anspruch, und verhalf kleinen Android-Tablets zu einer kurzen Hochphase. Selbst Apple reagierte später auf diesen Trend mit dem iPad Mini. Angesichts immer größer werdender Smartphones hat diese Kategorie in den vergangenen Jahren aber immer stärker an Bedeutung verloren. Und auch das Nexus 7 bereitet längst nicht allen seinen Besitzern Freude. So stellte sich nach einiger Zeit heraus, dass Hersteller ASUS und Google zu ziemlich billigem Flash-Speicher gegriffen hatten. Dies führte mit der Zeit zu erheblichen Leistungseinbußen. Ein Jahr später entsprang dieser Partnerschaft dann noch mit dem Nexus 7 (2013) ein schlankerer und flotterer Nachfolger.

Nexus 7 und Nexus 7 (2013)
Foto: Proschofsky / STANDARD

Flankiert wurde dies vom Nexus 10, und damit dem bisher letzten gemeinsamen Gerät von Google und Samsung. Auf der Hardwareseite fiel dies vor allem mit seiner für damalige Verhältnisse ziemlich beeindruckenden Auflösung von 2.560 x 1.600 Pixel auf. Das Ganze hatte nur einen Haken: Der Grafikchip kam angesichts so vieler Pixel einfach nicht mit dem Rendering nach, erst mit einigen weiteren Optimierungen an Android besserte sich die Situation nach und nach.

Das Nexus 10: Toller Bildschirm gepaart mit Softwareproblemen und Verarbeitungsschwächen.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Nexus 9

Unvergesslich bleibt auch das letzte Tablet der Nexus-Reihe: Das 2014 veröffentlichte Nexus 9. In Kooperation mit – einmal mehr – HTC entstanden war es mit seinem 8,9 Zoll-Bildschirm irgendwo zwischen Nexus 7 und 10 angesiedelt. Die Hardware war natürlich sonst deutlich moderner – und hatte doch so ihre Tücken. Allen voran, dass die Kombination aus dem ohnehin nicht sehr schnellen Flash-Speicher und der von Haus aus aktivierten Datenträgerverschlüsselung zu Performance-Problemen führte.

Das Nexus 9 war Googles letztes Tablet in dieser Produktserie.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Nexus Q

Bliebe noch der große Exot der Google-Reihe. Das Nexus Q. Das Streaming-Gerät mit eingebautem Verstärker wurde nach zahlreichen negativen Tests noch vor dem Marktstart wieder eingezogen. Vorbesteller bekamen das Gerät kurzerhand kostenlos. Und doch hat es in der Hardwarewelt tieferer Spuren hinterlassen als viele andere Nexus-Geräte. War es konzeptionell doch ein Vorläufer des Chromecast, und damit all der Streaming-Geräte, die bequem über das Smartphone gesteuert werden können.

Eine echte Rarität: Das Nexus Q.
Grafik: Google

Nexus Player

Und dann wäre da noch der Nexus Player, der ebenfalls eine Ausnahme in dieser Reihe darstellt. War er doch jenes Gerät, mit dem Google im Jahr 2015 seine Smart-TV-Oberfläche Android TV entwickelt hat. Einen direkten Nachfolger gibt es bisher nicht – zumindest nicht für die Konsumenten. Stattdessen fokussiert Google bei Android TV vor allem auf Partnerschaften mit TV-Herstellern und Kabelboxenanbietern – und das übrigens durchaus mit Erfolg.

Der Nexus Player, kein sonderlich schönes Gerät.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Adieu

Keine Frage. In Hinblick auf die Verkaufszahlen waren andere Smartphone-Reihen wesentlich erfolgreicher. Das ändert aber nichts daran, dass die Nexus-Geräte gerade in der Android-Welt nachhaltige Spuren hinterlassen haben, immer wieder hat Google damit die Richtung vorgegeben – sowohl in Hinblick auf Soft- als auch Hardware. Und vor allem zu Zeiten des Nexus 4 und Nexus 5 waren sie für viele auch einfach die beste verfügbare Wahl.

Ausblick

Google hat hingegen mittlerweile ganz andere Wege eingeschlagen: Mit der Pixel-Reihe will man wirklich Geld machen. Das heißt aber natürlich auch, dass Schleuderpreise wie beim Nexus 5, das praktisch ohne Gewinnmarge verkauft wurde, unmöglich geworden sind. Aus einer wirtschaftlichen Sicht mag dies verständlich sein, für alte Nexus-Fans ist das aber natürlich trotzdem betrüblich. Wer nach Smartphones mit tollem Preis/Leistungsverhältnis sucht, muss sich mittlerweile bei anderen Herstellern wie Xiaomis Pocophone oder auch OnePlus umsehen, die ebenfalls mit guter Softwareversorgung punkten. Einen gewissen Hoffnungsschimmer gibt es aber auch für eingeschworene Google-Fans: Derzeit ist offenbar ein Pixel 3 Lite in Entwicklung, das mit leicht abgespeckter Hardware deutlich billiger als die aktuellen Topgeräte von Google verkauft werden soll. Ob dies ein würdiger Nachfolger für die Nexus-Reihe wird, muss sich aber erst zeigen. (Andreas Proschofsky, 9.1.2019)