Apple-Chef Tim Cook begrüßt die Nutzer anderer Plattformen.

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Es war eine der größten Überraschungen der CES: Am Rande der Elektronikmesse verkündete Apple gleich mehrere Partnerschaften mit großen Fernseherherstellern. Die Geräte von LG, Sony und Vizio werden künftig dank AirPlay-2-Support via Smartphone oder Tablet fernsteuerbar. Bei Samsung gibt es zusätzlich sogar eine vorinstallierte iTunes-App. Ein Schritt, der lange undenkbar war. Ist doch Apple dafür bekannt, seine Services bis auf wenige Ausnahmen auf eigene Geräte und Betriebssysteme zu beschränken. Was ist also passiert?

Spurensuche

Der Grund für diesen Sinneswandel ist in einer ganz anderen Sparte des Apple-Geschäfts zu suchen, nämlich beim iPhone. Gerade dessen aktuelle Absatzschwäche ist es nämlich, die – indirekt – für die neue Offenheit bei Apple verantwortlich zeichnet. Heißt das doch, dass sich das Unternehmen nach neuen Wachstumsquellen umsehen muss. Und da die Suche nach dem "nächsten großen Ding" also einer neuen Hardwarekategorie nach dem iPhone – bislang erfolglos geblieben ist, bleibt nur der Strategiewechsel in Richtung Servicegeschäft.

Die Zahlen sprechen für diese Kurskorrektur: Zwar mag das iPhone weiter fast 60 Prozent des Apple-Umsatzes ausmachen, die Verkaufszahlen sind aber rückläufig. Und angesichts der allgemein abflauenden Entwicklung im Smartphone-Markt ist auch keine Trendumkehr mehr zu erwarten. Ganz anders sieht es bei den Einnahmen rund um App Store und Apple Music aus: Diese haben laut (vorläufigen) Zahlen im abgelaufenen Geschäftsquartal bereits einen Umsatz von 9,5 Milliarden Euro eingespielt. Vor allem aber: Dies bedeutet ein Wachstum von 19 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Umdenken

Will man diese Entwicklung weiter vorantreiben, gilt es aber umzudenken. Ergab es bisher wirtschaftlich Sinn, die eigenen Dienste auf eigene Plattformen zu begrenzen, um die iPhone-Verkäufe anzukurbeln, dreht sich diese Logik nun. Statt dem von Apple so gerne betriebenen Lock-In braucht es bei einem auf das Wachstum der Servicesparte ausgerichteten Modell eine möglichst große Offenheit. Jede Plattform, die unterstützt wird, ist auch eine potentielle Einnahmequelle für die eigenen Services. Eine ähnliche Wandlung hat in den vergangenen Jahren übrigens bereits eine andere Größe der IT-Branche durchgemacht: Microsoft hatte lange gehofft über exklusive Apps die mobile Ausgabe von Windows zu befördern. Im Endeffekt schadet man damit aber nur der Servicesparte. Es folgte die Öffnung hin zu Android und iOS – mit großem Erfolg.

Keine Liebeswahl

Trotzdem ist die aktuelle Entwicklung natürlich nur ein Plan B. Am liebsten wäre es Apple sowohl Hardware- als auch Servicegeschäft zu dominieren, und so einen perfekten Lock-In zwischen beiden zu erzeugen. Die Realität sieht aber anders aus. Im Smartphonebereich steht Android an der Spitze, und auch bei Fernsehern dominieren ganz andere Firmen. Insofern sind die aktuellen Ankündigungen natürlich auch ein Eingeständnis, dass das Apple TV bei weitem nicht so erfolgreich ist, wie man es gerne hätte. Hier nehmen Amazon mit seinem Fire TV oder auch Google mit Chromecast und Android TV mittlerweile eine zentrale Rolle ein – von all den Smart-TV-Systemen der großen Fernseherhersteller einmal ganz abgesehen.

Ausblick

Es ist davon auszugehen, dass Apple in den kommenden Monaten noch weitere Dienste für andere Plattformen öffnen wird. So ist es etwa kein Geheimnis, dass Apple derzeit mit großem finanziellen Aufwand an einem eigenen Netflix-Konkurrenten arbeitet. Dieser wird dann wohl auch gleich für Android und andere Plattformen verfügbar sein – mit allem anderen würde man sich nur ins eigene Bein schießen. Und natürlich ist es auch nicht der erste Schritt von Apple in diese Richtung, ist doch etwa Apple Music bereits für Android verfügbar – und seit kurzem auch für Amazon Echo.

Freilich heißt das aber nicht, dass Apple plötzlich alle seine Dienste öffnen wird. Sinn ergibt so ein Schritt nämlich nur dort, wo man direkt Umsätze über Aboservices oder Verkäufe generiert. Bei vielen Apple-Apps ist das hingegen nicht der Fall. Ein Paradebeispiel ist hier das gerade in den USA sehr viel genutzt iMessage: Dessen exklusive Verfügbarkeit für das iPhone wird das Unternehmen wohl auf absehbare Zeit als Hebel für einen Lock-In auf die eigenen Betriebssysteme nutzen. Zumindest bis Apple einen Weg zur Monetarisierung findet. (Andreas Proschofsky, 21.1.2019)