Michael Ostrowski (Mitte) mischt kräftig mit, wenn sich Sohn und Mutter (Uwe Ochsenknecht und Irm Hermann) um die Zukunft des Verlags duellieren.

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Wer bremst, verliert, und wer nicht weiß, wo die Bremse ist, hat sowieso schon verloren: "Na los, spring ab, wenn es dir zu kitzlig wird", sagt Papa Labaule und lacht, während er mit seinem neuen Segway auf die Klippe zurast, und der Sohnemann kontert: "Alter vor Schönheit." Und flugs sind zwei wesentliche Protagonisten aus der Labaule-Zeitungsdynastie tot: der Patriarch und sein designierter Nachfolger. Der Sturz über die Klippe ist der Ausgangspunkt für die großartige Mediensatire Labaule & Erben, die nach einer Idee von Harald Schmidt realisiert wurde – zu sehen sind die sechs Folgen ab Donnerstag wöchentlich um 22 Uhr im SWR.

Nach dem Tod seines Vaters muss Wolfram Labaule (Uwe Ochsenknecht) in die Fußstapfen der Verlegerlegende treten und die Geschicke der Regionalzeitungen orchestrieren, die sich seit 130 Jahren im Familienbesitz befinden. Wolfram, zuvor von Beruf Sohn, dafür in zahlreichen Kunstjurys als Vorstandsmitglied des Leuck-Erschwicker Lyrikvereins vertreten, und seine Mutter (Irm Hermann) erben die Anteile am Verlag zu gleichen Teilen. Sie hatte sich nach Uruguay abgesetzt, als Wolfram zwölf Jahre alt war: "Wir haben dir ein erstklassiges Internat ermöglicht." Um das Erbe anzutreten, kommt sie nach Freiburg zurück. Sie möchte den Verlag so schnell wie möglich an die Boulevardkonkurrenz verkaufen: "Wolfram, der Journalismus ist so tot wie dein Vater", warnt sie, während er das macht, was er immer macht: zaudern.

Grotesk wie Harald Schmidt

Intrigen, eine reiche Familie und die Medienkrise: Das sind die drei wichtigsten Ingredienzien, aus denen Harald Schmidt einen Stoff bereitet hat, der vor allem eines ist: grotesk. Wenn es grotesk und bitterböse wird, ist auch Michael Ostrowski nicht weit: Der österreichische Schauspieler fungiert in der Serie als windiger "Brand-Manager" Tillman Blomeier, der Wolfram Labaule vom Verlagsbeirat zur Seite gestellt wird. Er soll die Medienmarke weiterentwickeln, in Wirklichkeit intrigiert er aber im Auftrag von Wolframs Mutter, damit der Sohn entnervt das Handtuch wirft. Ostrowski ist die Rolle auf den Leib geschrieben: "Das ist alles sehr knapp am Klischee gespielt, aber fast immer sind diese Leute knapp am Klischee oder eigentlich sind sie oft das Klischee."

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Denn Ostrowski kennt die Beraterbranche nur zu gut, hat er doch in den letzten Jahren immer wieder bei Werbefilmen Regie geführt – etwa bei den Mediamarkt-Spots mit Marko Arnautovic – und seine Erfahrungen mit Werbeagenturen und Produktionsfirmen gemacht: "Ich habe mir daraus ein Amalgam von einem Menschen herausgezimmert, der die meiste Zeit damit verbringt, andere von etwas zu überzeugen. Einerseits von sich, andererseits von der Idee der Umsetzung", sagt Ostrowski im Gespräch mit dem STANDARD. "Solche Meetings hatte ich selbst: Wie entwickelt man sein Produkt? Das ist auch spannend, es ist aber eine immense Anhäufung von Bullshit dabei."

Der Bullshit kommt auch in der Serie nicht zu kurz: "Ich muss einen völlig unbeleckten Menschen verführen, meine Rolle ist die eines Mephisto. Mit dieser einlullenden Business-Sprache, die nicht greifbar ist: Man bleibt immer glatt und gibt scheinbar eine Richtung vor. Die Figur hat etwas Schleimiges, aber auch Blumiges, das durch die Sprache noch stärker zum Tragen kommt."

Österreicher gefragt

Dass Ostrowski als Österreicher bei der deutschen Produktion eine gewichtige Serienrolle spielt, empfindet er als Ehre: "Ich habe mich total gefreut." Der 46-jährige Schauspieler (Nacktschnecken, Kebab extra scharf!), Drehbuchautor (Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott) und Regisseur (Hotel Rock'n'Roll) freut sich generell über die Wertschätzung des österreichischen Films in Deutschland: "Viele wollen den österreichischen Einschlag, also Dialekt und Sprachmelodie. Das war vor 15 Jahren nicht so."

Der Steirer ist mittlerweile auch in Deutschland gut im Geschäft. Im Udo-Jürgens-Musical Ich war noch niemals in New York ist er als Maskenbildner zu sehen. Kinostart ist im Herbst.

Von Labaule & Erben ist Ostrowski begeistert: "Das ist eine der außergewöhnlichsten und lustigsten Serien, die ich gedreht habe." Blumen streut Ostrowski auch Harald Schmidt. Nicht nur für seine Idee zur Serie: "Harald Schmidt scheißt sich nichts. Er konzipiert eine super Serie, und dann dreht er Traumschiff. Das ist groß."

Nahezu prophetisch wird es gleich zu Beginn, wenn die Fiktion die Realität vorwegnimmt: Ein preisgekrönter Fotoreporter soll wieder einmal für seine Arbeit ausgezeichnet werden, nur: Seine Fotoreportagen sind gefakt. Ostrowski: "Im Prinzip ist das genau das Gleiche, was mit dem Spiegel-Reporter passiert ist. Immer besser, immer cooler, immer ausgefallener sollen Geschichten sein."

Dass alle Folgen von Labaule & Erben seit zwei Wochen in der ARD-Mediathek verfügbar sind, werde der Quote nicht abträglich sein, vermutet Ostrowski: "Leute schauen Serien ja sehr gerne am Stück, und das schadet der linearen Ausstrahlung nicht."

Im Internet ist die Produktion jedenfalls schon jetzt ein Erfolg: Bis Montag gab es laut ARD bereits über 400.000 Abrufe. (Oliver Mark, 10.1.2019)