Wien – Nach dem Jubel kam der Absturz: Wurde die erste Staffel von True Detective noch als bahnbrechend im nicht gerade kleinen Serienkrimi-Universum gefeiert, ging die Fortsetzung bei Kritik und Publikum böse baden. Damit war so nicht zu rechnen, denn nach außen hin glaubte man, alles richtig gemacht zu haben: Ungleiche Cops haben einen grausigen Mordfall zu lösen und geraten dabei an ihre Grenzen. So war es beim ersten Mal, so sollte es auch beim zweiten Mal funktionieren.

Inszeniert wurden beide Stücke im Stil der großen Krimierzählungen von Raymond Chandler bis James Ellroy: wortkarge Typen, die an harter Schale und weichem Kern sowie an ihrer Umwelt zerbrechen. Matthew McConaughey und Woody Harrelson trieben das in der ersten Staffel 2014 in den Sümpfen Louisianas auf die Spitze.

Ein ähnlich konzentriertes Ringen um Mord, Tod und Existenzen schafften Colin Farrell und Taylor Kitsch im Jahr darauf nicht. Nic Pizzolatto, der Erfinder der Reihe True Detective, brauchte eine kreative Pause.

HBO gab ihm Zeit. Kommenden Sonntag ist es in den USA wieder so weit, tags darauf hierzulande bei Sky.
Mahershala Ali und Stephen Dorff sind die dritten "wahrhaftigen Detektive". Entsprechend groß sind die Erwartungen. Eine Vorschau in fünf Episoden.

HBO

I. Staffel drei
Was passierte am 7. November 1980? Steve McQueen starb, und es war eine klare Nacht. So viel gilt als gesichert, und auch, dass an jenem Tag in West Finger, Arkansas zwei Kinder spurlos verschwinden. Will und Julie wollen nur spielen, sie flitzen mit ihren Fahrrädern davon – und werden nicht mehr gesehen.

Die Ermittlungen nehmen die Kriminalpolizisten Wayne Hays (Mahershala Ali) und Roland West (Stephen Dorff) auf, was zur Folge hat, dass zunächst einmal alles schlechter wird. Man tappt in sehr dunklem Gebiet, das liegt nicht nur am trüben Licht von Arkansas, sondern auch an den Spuren, die sich zusehends verwischen. Hays, der sie als Vietnam-Veteran lesen kann, sorgt für Fortschritte, diese führen allerdings geradewegs in Abgründe. Beide Ermittler werden nicht unbeschadet davonkommen.

Foto: HBO / Sky

II. Von 1980 bis 2015

Staffel drei knüpft an den Erzählstil der vorangegangenen an. Die Ereignisse spielen auf drei Zeitebenen: 1980, als die jungen Cops an dem Fall scheitern werden, dann zehn Jahre später, als sich eine entscheidende Wende ereignet und es zu weiteren Einvernahmen kommt, schließlich 2015, als der demenzkranke Hays für eine True-Crime-Story Rede und Antwort steht und noch einmal mit seiner Vergangenheit konfrontiert wird. Die Zuschauer bleiben in wohldosierter Unkenntnis und haben einmal mehr Gelegenheit, zu rätseln und gleichzeitig in die unendlichen Tiefen menschlicher Seelen einzutauchen.

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III. Die Macher

Dass auch die dritte Staffel Nic Pizzolato schreiben würde, schien nach dem Flop der zweiten nicht so sicher. Mit Casey Bloys war bei HBO ein neuer Programmchef da, und der hielt sich bis zuletzt alle Optionen offen. Schließlich erhielt der 43-jährige Autor und Produzent mit dem Serienveteranen David Milch (NYPD Blue, Deadwood) einen erfahrenen Berater zur Seite gestellt. Die Regie sollten sich nach Cary Fukunaga (Maniac) und einem Regisseurskollektiv Pizzolato selbst und Jeremy Saulnier (Blue Ruin) teilen. US-Medien berichten aber von Spannungen am Set, die dazu führten, dass Saulnier letztlich nur zwei Folgen inszenierte.

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IV. Gemischte Bilanz

Ohne vorschnelle Urteile auszusprechen – nach fünf Folgen scheint die Brillanz der ersten Staffel außer Reichweite. Pluspunkte: Die drei Zeitzonen sind klug gewählt und geschickt ineinander verwoben. Die Indizienkette wird geknüpft und wieder verworfen, daraus ergibt sich wieder ein dichtes, mitunter gar verstörendes Serienepos von archaischer Kraft. Konflikte, ja Hass werden verhandelt: unter Generationen, Ethnien, Geschlechtern. Und es sticht wieder der wuchtige Soundtrack von T Bone Burnett.

Aber. Das Pingpong zwischen den Kommissaren kommt an Matthew McConaughey und Woody Harrelson nicht heran. Die Wirkkraft allein der Hauptfigur zu überlassen erweist sich als überschätzt. Ali ist großartig, das Spiel mit seinem Partner hat Redundanzen. Ermüdende Befragungen, vorhersehbare Wendungen, die nächste Autofahrt mit tiefsinnigen Gesprächen. Das zehrt.

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V. Die Wahrheit dahinter

Ein Kritikpunkt an True Detective war, dass Frauen bisher nicht allzu viel zu sagen hatten. In der dritten Staffel ist das etwas anders. Was der Todestag von Steve McQueen damit zu tun hat, lässt sich vermuten: ziemlich wahrscheinlich, dass es mit verletzter Männlichkeit zu tun hat. Tödlich.

Das Ende, so versprach es Mahershala Ali übrigens, sei das beste Stück Fernsehen, das er in seinem ganzen Leben jemals gelesen habe. Die Liste führte bis dato Breaking Bad an. Man darf gespannt sein. (Doris Priesching, 11.1.2019)

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