Nach dem starken Abschneiden von Vox bei der Wahl im Dezember gingen bereits zahlreiche Spanierinnen und Spanier auf die Straße.

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"Heute beginnt der Wandel in Andalusien", sagte der künftige Regierungschef Andalusiens Juanma Moreno von der konservativen Partido Popular (PP). Tatsächlich wird Spaniens bevölkerungsreichste Region erstmals seit 36 Jahren nicht von den Sozialisten regiert: Denn die PP gab diese Woche einen Pakt mit der rechtsradikalen Vox für eine neue Regierungsmehrheit bekannt. Die Extremisten, die bei der Wahl im Dezember überraschend mit zwölf Abgeordneten ins Parlament im südspanischen Sevilla einzogen, werden kommende Woche für eine Koalition der PP mit den rechtsliberalen Ciudadanos (Cs) stimmen. Vox wurden zahlreiche Zugeständnisse gemacht.

So wird zum Beispiel das regionale Gesetz zur Erinnerung, mit dem die Angehörigen der Opfer der Franco-Diktatur unterstützt werden, einem neuen Werk weichen müssen. Dem regionalen Fernsehen stehen starke Kürzungen bevor, religiöse Privatschulen dürfen dafür mit Förderung rechnen. Außerdem sollen die Traditionen von Jagd bis Stierkampf gefördert und verstärkt werden, und es soll gegen Einwanderer vorgegangen werden. 52.000 Abschiebungen verlangt Vox für die nächsten Monate.

Die Forderung, das Gesetz zur Unterstützung von Opfern häuslicher Gewalt sowie der Gleichstellung von sexuellen Minderheiten abzuschaffen, wurde letztendlich aber nicht in das Abkommen aufgenommen.

Neues Familienministerium

Einen "Erfolg" kann Vox beim Thema Frauenrechte dennoch vorweisen. Das Ministerium für Gleichstellung soll einem Familienministerium weichen. Als "Eliminierung der Subvention der ideologischen Lobbys" feiert Vox zudem die Streichung öffentlicher Gelder für feministische NGOs.

Vox-Spitzenkandidat Francisco Serrano war Familienrichter in Andalusien, bevor er in die Politik wechselte. Er fällte immer wieder Urteile gegen Frauen, die ihren Ex-Partner der Misshandlung beschuldigten. Als er ins Kreuzfeuer der Kritik geriet, bezeichnete er sich als "Opfer des Gender-Jihadismus". Vox bezeichnet viele der Anzeigen wegen häus- licher Gewalt als Lügen und fordert deshalb eine Gesetzesänderung. Die Partei will in der kommenden Legislaturperiode entsprechende Anträge ins Parlament einbringen.

Gratulation vom Ku-Klux-Klan

Proteste gegen die künftige Rechtsregierung ließen nicht lange auf sich warten. Über hundert Frauenorganisationen aus ganz Spanien haben ein Manifest gegen das andalusische Rechtsbündnis unterzeichnet. Vox, die vom Ku-Klux-Klan für ihr Wahlergebnis beglückwünscht wurde, stehe für den "maskulinen Suprematismus". "Häusliche Gewalt zu leugnen ist, wie den Holocaust zu leugnen", heißt es im Manifest. Für die kommenden Tage sind in ganz Spanien Kundgebungen angekündigt.

Auch aus dem Ausland kommt Kritik am Bündnis. "Man kann nicht mit jenen paktieren, die Werte vertreten, die unseren entgegengesetzt sind", erklärte die französische Europaministerin Nathalie Loiseau. Dies richtet sich vor allem an Ciudadanos. Die spanischen Rechtsliberalen werden bei den kommenden Europawahlen zusammen mit der französischen Regierungspartei von Emmanuel Macron antreten. Frankreichs Präsident und sein Umfeld fürchten, dass sich das Bündnis mit Vox in Andalusien negativ auf die Wahlen auswirken könnte.

Mehrere Wahlgänge

Derweil schaut Vox optimistisch in die Zukunft. Neueste Umfragen zeigen, dass sich die andalusische Überraschung auch bei den spanischen Regional- und Kommunalwahlen im Mai sowie den spanischen Parlamentswahlen Ende 2019 und Anfang 2020 wiederholen könnte. 1,5 Millionen Wähler für die Rechtsextremen sagen jüngste Umfragen bereits vorher. (Reiner Wandler aus Madrid, 10.1.2019)