Die Lawinengefahr bleibt trotz kurzfristiger Wetterbesserung am Freitag sehr hoch.

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Innsbruck/Salzburg – Niederschlagspause, Sonnenschein, Flugwetter: Am Freitag können Einsatzkräfte und Bevölkerung in den von heftigen Schneefällen betroffenen Gebieten Österreichs zumindest einmal kurz durchschnaufen. Lawinenwarndienste und Behörden wollen das angekündigte Wetterfenster nutzen, um die Lawinensituation bei Befliegungen zu begutachten.

Die Situation bleibt angespannt.
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Schon am Sonntag erwarten Meteorologen erneut größere Mengen Neuschnee. Erst ab Mittwoch kommender Woche soll es mit dem Dauerschneefall dann vorbei sein.

Weiter Warnstufe 5

Am Donnerstag blieb die Lage jedenfalls angespannt. In den nördlichen Kalkalpen von Salzburg bis Niederösterreich herrschte die höchste Lawinenwarnstufe 5. In Tirol und Vorarlberg wurde erneut Warnstufe 4 ausgegeben. Von ein paar kleineren Evakuierungen abgesehen: Siedlungsgebiete waren und sind nicht gefährdet.

In Salzburg blieb am Donnerstag die höchste Lawinenwarnstufe 5 aufrecht.
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Im Tagesverlauf konnten in Tirol sogar einige der vorübergehenden Straßensperren, etwa nach Galtür im Paznauntal, ins Kühtai oder nach Ginzling im Zillertal, aufgehoben werden. Auch die Orte am Arlberg sowie Obertauern in Salzburg waren am Donnerstag wieder erreichbar.

Dafür musste in der Stadt Salzburg die Getreidegasse gesperrt werden, weil die Schneemassen die Weihnachtsbeleuchtung aus der Verankerung zu reißen drohten. In der Steiermark waren am Donnerstag noch 30 Straßen gesperrt. Auch in Vorarlberg wurden nach Lawinenabgängen Teile der L73 und L54 vorübergehend gesperrt.

Wegen einer Sperre der Autobahn 8 am Chiemsee im Grenzgebiet zwischen Deutschland und Österreich saßen seit Donnerstagabend zahlreiche Menschen bei teils starkem Schneefall im Stau fest. Das Rote Kreuz baute Pflegestützpunkte auf. Auch in den frühen Morgenstunden konnte die Polizei keine Entwarnung geben. Im Kampf gegen die Schneemassen in Bayern hoffen die Rettungskräfte auf besseres Wetter am Freitag. Laut Vorhersagen sollen die Schneefälle vorübergehend etwas nachlassen.

Snowboarder von 20 Mann gerettet

In Bad Hofgastein (Pongau) hat sich am Donnerstagnachmittag ein 41-jähriger Snowboarder aus Polen im brusthohen Schnee verirrt. Wie die Bergrettung berichtete, hatte der Mann zuvor die Skipiste im Bereich der Schlossalmbahn verlassen, um im angrenzenden Wald im Tiefschnee zu fahren. Dabei war er in immer unwegsameres und steileres Gelände geraten. "Als er sich in einem Graben nicht mehr weitertraute, hat er den Notruf gewählt", sagte Norbert Trigler, Ortsstellenleiter der Bergrettung Bad Hofgastein. "Wegen der hohen Lawinengefahr haben wir ihm geraten, an Ort und Stelle zu bleiben."

20 Mann der Bergrettung rückten zur Bergung aus. Da der 41-Jährige seine GPS-Koordinaten durchgeben konnte, war sein Standort bekannt. "Wir haben uns aber relativ lange eine Strategie überlegen müssen, wie wir zu ihm kommen, ohne ihn und uns in Gefahr zu bringen", sagte Trigler. Nachdem die Bergretter den Snowboarder erreicht hatten, wurde er mit Schneeschuhen ausgestattet. Dann machte sich der Trupp zu Fuß auf den Rückweg. Wegen des steilen Geländes mussten immer wieder Seilversicherungen gesetzt werden. Die Helfer waren bis 19 Uhr fast vier Stunden mit der Bergung des Polen beschäftigt, alle blieben unverletzt.

Lawine auf ÖBB-Strecke

Die heftigen Schneefälle sorgten zudem für Stromausfälle in mehreren Gemeinden. Es sind vor allem umgeknickte Bäume, die Leitungen gekappt haben. In Salzburg, Tirol und Oberösterreich waren zeitweise tausende Haushalte ohne Strom. Dieses Problem sorgte auch weiter für Unterbrechungen im Bahn- und Straßenverkehr (siehe dazu die aktuellen Informationen des ÖAMTC).

Vielerorts wurde ein Schienenersatzverkehr eingerichtet, etwa auf der Tauernbahn über den Pass Lueg. Hier hatte eine Lawine die Schienen verlegt. Auf ihrer Website bietet die ÖBB einen Überblick zu den Verkehrsbeeinträchtigungen.

Sperre der Salzkammergutbahn

Am Freitagvormittag soll erneut die Salzkammergut-Bahn gesperrt werden. Grund sind Lawinensprengungen, kündigte die ÖBB Donnerstagabend an.

Die Strecke von Ebensee nach Obertraun soll im Abschnitt zwischen Ebensee und Bad Ischl für vier Lawinensprengungen von rund 9.30 bis voraussichtlich 11 Uhr gesperrt werden. Da auch die Salzkammergutstraße (B145) von Ebensee nach Bad Ischl aus Sicherheitsgründen nicht befahren werden darf, gibt es keinen Schienenersatzverkehr.

Am Montag wieder Schule

Ab Montag wollen Schulen, die aufgrund des Wetters diese Woche geschlossen blieben, etwa die HAK in Liezen und das Stiftsgymnasium im steirischen Admont, den Unterricht wiederaufnehmen. Allein im Bundesland Salzburg fiel am Donnerstag in 17 Schulen wetterbedingt der Unterricht aus.

In vielen Skigebieten bleibt der der Liftbetrieb wegen zu viel Schneefalls ebenfalls eingestellt. In St. Anton am Arlberg mussten die für das Wochenende geplanten Weltcup-Skirennen der Damen abgesagt werden.

Auf der Innsbrucker Nordkette stehen seit vergangenem Sonntag sämtliche Anlagen still, auch die Seegrubenbahn ist ausgefallen. Trotz aller Warnungen ignorieren immer wieder Tourengeher die Sperren und begeben sich sowie etwaige Retter in Lebensgefahr.

Auf der Innsbrucker Nordkette legte am Donnerstag ein Defekt nach einem Stromausfall die Seilbahn lahm, weshalb seither keine Lawinen mehr abgesprengt werden konnten. "Die Situation ist prekär", sagt der Geschäftsführer der Nordkettenbahnen, Thomas Schroll. Denn seit dem Ausfall kamen rund 1,5 Meter Neuschnee dazu.

Der Leiter des Lawinenwarndiensts Tirol, Rudi Mair, appelliert eindringlich an Freizeitsportler, die Gefahr auch bei einer kurzfristigen Wetterentspannung nicht zu unterschätzen: "Wir können hier nur ganz dringend davon abraten, dass Wintersportler abseits der gesicherten Pisten unterwegs sind. Aus unserer Erfahrung ist gerade der erste schöne Tage nach einer Schnee- und Sturmperiode ein besonders kritischer Tag." Mair verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Eigenverantwortung eines jeden Einzelnen und empfiehlt einen Blick auf die Online-Lawinenvorhersage.

Am Loser in Altaussee verschluckten die Schneemassen bereits die Liftanlage. (Das Bild stammt vom 7. Jänner 2019, unter dem Facebook-Link sind weitere aktuelle Aufnahmen zu finden.)

Auch am Loser im Ausseerland hofft Geschäftsführer Rudolf Huber, sich am Freitag einen ersten Überblick verschaffen zu können: "Wir haben am Berg fünf und im Tal drei Meter Schnee. Unser Problem ist, wir wissen langsam nicht mehr, wohin damit." (Steffen Arora, Thomas Neuhold, 10.1.2019)