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Erweist sich das "Fearless Girl" vor der New Yorker Börse als sinnbildlich für 2019? Experten raten nach dem Kursrutsch jedenfalls zum Kauf.

Foto: Reuters / Brendan McDermid

Der Schrecken des Jahres 2018 dürfte einigen Investoren noch in den Knochen stecken. Insbesondere das extrem schwache Jahresfinish hat den Aktienanlegern besonders in Europa veritable Verluste eingebrockt: Der Eurostoxx 50 büßte im Jahresverlauf fast 15 Prozent ein, während an der Wall Street das Minus gemessen am Dow Jones mit minus sechs Prozent deutlich geringer ausgefallen war. Für Anleger stellt sich nun die Frage, ob die Aktienmärkte sich in einem Bärenmarkt befinden, also einer längeren Phase fallender Kurse, ober ob die Kurskorrektur zu Jahresende gewissermaßen nur ein reinigendes Gewitter war.

· Konjunktur Eine maßgebliche Rolle bei dieser Frage wird die weitere Wirtschaftsentwicklung spielen. Sowohl in den USA als auch in Europa hat die Konjunktur merklich an Schwung verloren, dennoch erwarten die meisten Experten für 2019 keine Rezession. "Man muss schauen, ob der jüngste Rückgang eine Konjunkturdelle ist, wie sie immer wieder vorkommt, oder ob der Abschwung mehr Dynamik gewinnt", sagt Thomas Steinberger, Geschäftsführer der Fondsgesellschaft Spängler Iqam Invest. Seine derzeitige Einschätzung: nur eine Delle. Auch bei Raiffeisen Research sehen die Analysten zunächst nur eine Abschwächung der US-Wirtschaft, geben aber einen negativen Ausblick für das Jahr 2020.

Unsicherheit wegen Handelsstreit

Ein Unsicherheitsfaktor bleibt allerdings der nach wie vor schwelende Handelskonflikt zwischen den USA und China. Steinberger hegt vorsichtige Hoffnungen, dass eine nachhaltige Lösung zustande kommt, da es US-Präsident Donald Trump hinsichtlich seiner Wiederwahl im Jahr 2020 helfen würde und es China unterstütze, die wirtschaftliche Abkühlung zu bremsen. "Im Verlauf des Jahres könnte sich daraus sogar Aufwärtspotenzial ergeben", sagt der Spänger-Chef mit Blick auf die Aktienmärkte.

· Geldpolitik Abweichende Meinungen hegen Experten über die weitere US-Geldpolitik. Bei dem französischen Fondsanbieter Amundi hat Veranlagungschef Pascal Blanqué zusätzliche Zinserhöhungen der Notenbank Fed auf der Rechnung, da der Lohndruck weiter anhalte. Steinberger erwartet hingegen keine weiteren Zinsschritte in den USA. Einigkeit herrscht unter beiden mit Blick auf die EZB, nämlich dass die für das zweite Halbjahr in Aussicht gestellte Abkehr vom Nullzins ins Wasser fallen werde. Die Notenbank wird Steinberger zufolge nicht in einer nachlassenden Konjunktur und bei einer unter dem Zielwert befindlichen Inflation die Zinsen erhöhen.

· Gewinnentwicklung Für die Ertragslage der US-Unternehmen zeichnet sich nach dem Ausreißer des Jahres 2018 mit einem Zuwachs von rund einem Fünftel, welcher zum Großteil der Steuerreform geschuldet war, eine Normalisierung ab. Bei Raiffeisen Research hält man – wie auch Steinberger – heuer ein fünfprozentiges Gewinnwachstum für realistisch. Was bloß "eine Rückkehr zur Normalität" bedeute, denn lauf Raiffeisen liegt der historische Durchschnitt seit 1980 bei einem 5,8-prozentigem Zuwachs der US-Unternehmen.

· Aktienmärkte Durch die starken Kursrückgänge haben sich im Lauf des Vorjahres auch die ursprünglich sehr hohen Bewertungen an der Wall Street normalisiert, da die Gewinne stark gestiegen und die Kurse gefallen sind. Für heuer liegt das erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis bei nur noch 14,2 – laut Raiffeisen der tiefste Stand seit fünf Jahren. Laut Steinberger liegen die Bewertungen an der Wall Street nun nur noch leicht über dem Durchschnitt, in Europa sogar etwas darunter.

Überzogene Rückgänge

Daher empfehlen sowohl Spängler Iqam als auch Raiffeisen Research, bei Aktien derzeit zu kaufen. Tempo und Ausmaß des jüngsten Kursrückgangs seien übertrieben, so die Analysten, zudem sei der konjunkturelle Ausblick für 2019 zu gut, um weitere Kursrückgänge zu rechtfertigen. Raiffeisen erwartet vielmehr im Lauf des ersten Halbjahres einen "kräftigen Rebound" nach oben. Mit Blick auf die negativen US-Konjunkturerwartungen für 2020 sollte der Kursauftrieb danach allerdings abreißen. Womit sich eine alte Börsenweisheit einmal mehr bestätigen würde, nämlich "sell in may and go away". (Alexander Hahn, 13.1.2019)