Aktivisten treten aus Datenschutzgründen gegen Smartmeter an.

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Kritik an der Smart-Meter-Einführung kommt vom Rechnungshof (RH) in einem heute veröffentlichten Bericht über den Zeitraum 2010 bis 2017. Die Kosten für die Stromkunden seien ungewiss und intransparent, so der Rechnungshof. Kritisiert werden weiters mangelndes Projektmanagement im damals zuständigen Wirtschaftsministerium und auch die Regulierungsbehörde E-Control.

Wie hoch die Kosten für die Einführung der Messgeräte inklusive der dazugehörigen IT-Infrastruktur sind, sei aus heutiger Sicht unklar, so der Rechnungshof am Freitag in einer Aussendung. Die 2009 vom Wirtschaftsministerium mit der Umsetzung des Projekts betraute E-Control habe dessen Komplexität unterschätzt und zugleich "überambitionierte Pläne" vorangetrieben. Kritisiert wird auch mangelnde Transparenz. Die Kosten für die Einführung der digitalen Stromzähler werden von den Kunden getragen.

Transparenz

Dem nun in der neuen Regierung zuständigen Ministerium für Tourismus und Nachhaltigkeit empfiehlt der Rechnungshof im Bericht, "den weiteren Verlauf der Einführung intelligenter Messgeräte strategisch zu begleiten". Die Ergebnisse der wirtschaftlichen Bewertungen von Großvorhaben sollten aus Transparenzgründen veröffentlicht werden, vor allem auch weil die Finanzierung letztlich über Beiträge von Endverbrauchern erfolge.

Die Vorkehrungen des im Prüfzeitraum zuständigen Wirtschaftsministeriums "zur strategischen Steuerung, Koordinierung und Begleitung dieses energiepolitischen Großvorhabens während der mehrjährigen Umsetzung" beurteilt der Rechnungshof als "unzulänglich". Es habe sich weitgehend auf rechtliche Aspekte der Vorbereitung beschränkt und nicht zusammenfassend geprüft bzw. koordiniert, um sich zu vergewissern, dass auf alle wesentlichen Gesichtspunkte des komplexen Vorhabens Bedacht genommen worden sei.

Eine Verordnung zur Einführung sei im Jahr 2012 erlassen worden, ohne sich auf eine seriöse und objektive Kosten-Nutzen-Analyse stützen zu können und ohne sich etwa mit Fragen der Cyber-Security, des Daten- und des Konsumentenschutzes zu beschäftigen. Die E-Control habe bereits ab 2006 die Einführung dynamisch vorangetrieben, aber nicht als neutrale, objektive Vermittlerin eines Innovationsprozesses agiert. Es sei ihr nicht gelungen, die Netzbetreiber, die eine abwartende Haltung einnahmen, als Partner zu gewinnen.

Das Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus weist laut Bericht in einer Stellungnahme darauf hin, dass von Beginn an politisch ein Konsens über die maßgeblichen Vorteile der Einführung – Steigerung der Energie- und Kosteneffizienz bei Endverbrauchern, mehr Effizienz im Netzbetrieb bzw. Netzmanagement und verbesserte Integration von erneuerbarer Stromerzeugung – bestanden habe.

Kosten-Nutzen-Analyse

Die Entscheidung des Wirtschaftsministers über die Einführung sei von der Durchführung einer Kosten-Nutzen-Analyse abhängig gewesen. Die von der E-Control beauftragte Kosten-Nutzen-Analyse "wies Mängel auf und entsprach zum Teil nicht den gängigen methodischen Standards", so der RH. Die E-Control habe durch Änderungen gestaltend in den Berichtsentwurf des Auftragnehmers eingegriffen, der Endbericht ihre bereits seit 2008 vertretene Position noch deutlicher als der Entwurf bekräftigt. In einem weiteren Bericht eines Beratungsunternehmens im Auftrag des Wirtschaftsministeriums seien von 84 Seiten nur 9 auf den Kosten-Nutzen-Aspekt entfallen. Dieser 2010 beauftragte Bericht sei trotz öffentlicher Kritik nicht publiziert worden. Als Honorar seien 30.000 Euro netto vereinbart worden. In der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage habe das Wirtschaftsministerium Kosten von 81.000 Euro genannt.

Die Berater hätten die Gesamtinvestitionskosten auf rund 1,1 Mrd. Euro geschätzt, Berechnungsgrundlagen hätten dem Rechnungshof nicht vorgelegt werden können. Laut E-Control sollten die Kosten bei 950 Mio. Euro liegen.

"Eine Evaluierung der Kosten-Nutzen-Schätzung hat seither nicht stattgefunden. Welche Kosten die Stromkunden für die Einführung des Smart Meters tragen müssen, ist unklar", heißt es in der Aussendung. "Es wären Konzepte zu erarbeiten, die eine Ex-post-Feststellung der Gesamtkosten der Einführung intelligenter Messgeräte und eine Effizienzüberprüfung der Ausrollung ermöglichen", so der RH in seinem Prüfbericht.

Gesetz ohne Datenschutzrat

Kritisiert wird vom Rechnungshof auch, dass die Öffentlichkeit nicht angemessen informiert worden sei. Der Datenschutzrat sei anfangs – trotz der beträchtlichen datenschutzrechtlichen Problematik – nicht in die Ausarbeitung des Gesetzesentwurfs einbezogen worden. Im Laufe der Zeit habe es aber – nach einer Anregung des Datenschutzrats – inhaltliche Verbesserungen durch die Aufnahme einer Opt-out-Regelung gegeben. Bei einem Opt-out können bestimmte Software-Funktionen deaktiviert werden – vor allem die Speicherung von Tages- und Viertelstundenwerten.

Laut EU-Vorgabe müssen bis 2020 in 80 Prozent der Haushalte mit "intelligenten" Stromzählern (Smart Meter) ausgestattet sein. Österreich hatte ursprünglich ambitioniertere Vorgaben von 95 Prozent bis 2019, Ende 2017 wurde sie dann an das EU-Ziel von mindestens 80 Prozent bis 2020 angepasst. Ende 2017 waren laut E-Control 11,9 Prozent der österreichischen Haushalte mit digitalen Stromzählern ausgestattet. Der Zählertausch wird aber nun von vielen Netzbetreibern vorangetrieben, so haben etwa die Wiener Netze den Roll-out Mitte November gestartet.

Das Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus verwies in seiner Stellungnahme auf die Neureglungen Ende 2017, die die im Zuge der Ausrollung aufgetretenen Probleme aufgreife. Sie räume den Netzbetreibern mehr Flexibilität bei der Zielerreichung ein und gewähre den Endverbrauchern – durch Klarstellung des Opt-out und Einfügung des Opt-in – mehr Selbstbestimmung. Die Informationspflicht über allgemeine Aspekte der Einführung von intelligenten Messgeräten habe laut Gesetz die E-Control. (APA, 11.1. 2019)