Im EU-Durchschnitt liegt der Beitrag der Landwirtschaft zur gesamten Wirtschaftsleistung bei rund 1,4 Prozent.

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Wien – 114 Euro zahlt jeder EU-Bürger pro Jahr für die Agrarpolitik der Europäischen Union. Damit fließen jährlich knapp 60 Milliarden Euro – oder 38 Prozent des EU-Budgets – in die Landwirtschaft. Künftig soll der Anteil schrumpfen, unter anderem schmälert der im Frühjahr anstehende Brexit das Budget.

Dabei wird nicht nur der Kuchen kleiner, auch die Rohstoffproduzenten der Backzutaten werden immer weniger. In Österreich ist das Bauernsterben zwar zuletzt etwas abgeschwächt, dennoch haben 19.000 Landwirte in den vergangenen sieben Jahren aufgegeben – das entspricht sieben Betrieben pro Tag.

Betriebsgröße hat sich verdoppelt

Jene Höfe, die erhalten blieben, wurden wesentlich größer: Lag die durchschnittliche Betriebsgröße 1951 noch bei 9,4 Hektar, so hat sie sich mittlerweile auf knapp 20 Hektar mehr als verdoppelt. Ein Trend, der sich in ganz Europa durchsetzt, wie aus dem Agraratlas hervorgeht, der diese Woche von der Heinrich-Böll-Stiftung und der NGO Global 2000 veröffentlicht wurde. EU-weit machen Unternehmen mit mehr als hundert Hektar Fläche nur drei Prozent der Agrarbetriebe aus, bewirtschaften mittlerweile aber rund 52 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche.

Betriebe in Osteuropa wachsen dabei besonders stark, Spitzenreiter ist Tschechien. Dort stieg die Durchschnittsgröße landwirtschaftlicher Betriebe binnen zehn Jahren von 80 auf 130 Hektar an.

Hofnachfolge fehlt oft

Der Agraratlas ortet zwei wesentliche Faktoren, die für die Entwicklung verantwortlich sind: Zum einen ist die Hofnachfolge für viele Landwirte nur schwer zu sichern: Rund ein Drittel der Leiter in Europas Agrarbetrieben ist älter als 64 Jahre, nur sechs Prozent sind unter 35. Der zweite – und weitaus gewichtigere Faktor – ist die Unterstützung, die Landwirten zukommt. Die Union würde hauptsächlich Großbetriebe fördern, kritisieren die Studienautoren. Tatsächlich kommen 80 Prozent der Direktzahlungen den größten 20 Prozent der Betriebe zugute. Die Nutznießer sind dabei jedoch oft nicht Landwirte selbst, kritisiert die Heinrich-Böll-Stiftung: "Landbesitzer können einen Gutteil der Subventionen selbst einstreichen, indem sie einfach die Pacht erhöhen." Immerhin wird die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche in der Union verpachtet.

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Foto: Agraratlas

Heuer soll jedenfalls der mehrjährige Finanzrahmen der EU beschlossen und die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) weiterverhandelt werden. Insgesamt dürfte Bauern weniger Geld zugutekommen, an den hohen Direktzahlungen wird sich kaum etwas ändern. EU-Agrarkommissar Phil Hogan kündigte zwar an, er wolle Bürokratie abbauen und die Landwirtschaft umweltfreundlicher machen. Nichtsdestotrotz dürfte in der zweiten GAP-Säule, über die Umweltmaßnahmen und Biolandwirtschaft gefördert werden, deutlich stärker gekürzt werden als bei Direktzahlungen.

In der derzeitigen Förderperiode landen 4,8 Mrd. Euro in Form von Direktzahlungen in Österreich. Weitere 3,9 Mrd. Euro aus dem EU-Topf fließen in Maßnahmen für die ländliche Entwicklung, die zweite GAP-Säule. Sie wird derzeit durch Mittel in der Höhe von 3,7 Mrd. Euro kofinanziert, die von Bund und Ländern getragen werden. (lauf, 12.1.2019)