US-Außenminister Mike Pompeo bei seiner programmatischen Nahost-Rede an der American University Cairo.

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"Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube": Das Zitat aus Goethes Faust gibt gut das Gefühl wieder, das sich wohl bei vielen Zuhörern während der programmatischen Nahost-Rede des amerikanischen Außenministers in Kairo breitmachte. Die USA, eine Kraft des Guten, seien nach den schrecklichen Obama-Jahren als verlässlicher, aktiver und überaus erfolgreicher Partner in die Region zurückgekehrt, war der Sukkus der Worte von Mike Pompeo. Dabei sind sich aber sogar Kritiker der Nahost-Politik von US-Präsident Barack Obama dessen bewusst, dass Pompeo ja vor allem deshalb auf seine große Nahost-Tour geschickt wurde, um die immer wieder neuen Verunsicherungen durch seinen chaotischen Chef Donald Trump abzufedern.

Auf die Analyse, Obama habe sowohl die Gefahr des Jihadismus als auch (und vor allem) des Iran nie begriffen, folgte die Zusicherung, den dadurch erfolgten "Status quo nicht akzeptieren" zu wollen. Das bezog sich konkret auf die "starke Präsenz" der Hisbollah im Libanon. In Syrien werde daran gearbeitet, auch "den letzten iranischen Stiefel" herauszuwerfen, auch im Jemen werde der Iran zurückgedrängt, im Irak eine "Nation, die frei von iranischem Einfluss ist, gebaut".

Die arabische Nato

Von der MESA (Middle East Strategic Alliance), die die – schwer zerstrittenen – Staaten des arabischen Golfkooperationsrats (GCC) plus Jordanien und Ägypten in einer Allianz gegen den Iran vereinen soll, sprach Pompeo bereits als Faktum: Es gehe jetzt darum, die MESA, die medial oft als "arabische Nato" bezeichnet wird, zu "befestigen".

Es sei ein "trauriger Tag, wenn der US-Außenminister auf seiner großen Nahost-Tour kühne Politikerklärungen macht, die niemand in der Region wirklich ernst nimmt", schreibt Tamara Cofman Wittes von der Brookings Institution in einer Reaktion. Die Partner der USA würden wohl wenig Konkretes zu erwarten haben, wenn Pompeo in den nächsten Tagen seine Gespräche in arabischen Golfstaaten führt.

Pompeos Termin mit den Medien, in denen er nach Klarheiten über den Abzug der US-Truppen aus Syrien gefragt wurde, gestaltete sich ebenfalls schwierig. Journalistenfrage: "Wie werden Sie die Beziehung zwischen den Kurden und der Türkei managen?" Pompeo: "Wir führen Gespräche mit ihnen, auch jetzt, während wir hier reden, darüber, wie wir das (den Abzug, Anm.) auf eine Art ausführen, sodass unsere Truppen geschützt und die Amerikaner, wenn wir abziehen, sicher sind. Und wir werden die Mission beenden, die letzten Elemente des Kalifats (des "Islamischen Staats", Anm.) zu zerstören, bevor wir abziehen." Aber über einen "Zeitplan" werde nicht gesprochen, sagt Pompeo bei anderer Gelegenheit, der Abzug verlaufe eben "geordnet", wie der Präsident gesagt habe. Frage: "Der Rückzug aus Syrien hat keine Auswirkungen auf unsere Verpflichtungen im Nahen Osten?" Pompeo: "Nope."

Sicherheit für die Kurden

Das sehen nicht alle so, vor allem nicht die syrischen Kurden der YPG, die die USA in den vergangenen Jahren als Bodentruppe gegen den IS aufgebaut hatten. US-Sicherheitsberater John Bolton wurde bei seinem Besuch in Istanbul vor wenigen Tagen dafür abgestraft, dass er die Sicherheitsinteressen der YPG thematisierte: Denn die Türkei betrachtet sie wegen ihrer PKK-Nähe als Terroristen, gegen sie richten sich die Drohungen Ankaras mit einer neuerlichen Intervention in Syrien. Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu betonte, dass die Türkei auch einmarschieren würde, wenn die USA ihren Abzug mit "lächerlichen Ausreden" verzögern würden.

Auch deshalb ist nun wohl Aktion angesagt: Am Freitag verkündete die US-Armee des Beginn ihres "freiwilligen Abzugs aus Syrien". Details würden aus Sicherheitsgründen nicht diskutiert, aber erste Berichte lauteten dahingehend, dass US-Soldaten von der Militärbasis Rmeilan in der Provinz Hassakah weg verlegt würden. Am Abend folgte die Klarstellung: Nur Material, keine Truppen – es handelt sich insgesamt um 2000 Mann und Hilfspersonal – seien in Bewegung gesetzt worden. Jedenfalls war es das erste konkrete Zeichen einer Umsetzung, seit Trump am 19. Dezember den vollen und sofortigen Rückzug verkündete.

Pompeo, der am Freitag in Bahrain eintraf, kündigte indes für den 13. und 14. Februar einen Nahostgipfel mit dem Schwerpunkt Iran an, und zwar in Polen. Offiziell bleiben ja noch die meisten EU-Länder bei der Unterstützung des unter Obama geschlossenen Atomdeals mit dem Iran, den Trump für die USA aufgekündigt hat. Es mehrt sich jedoch auch in der EU die Kritik am ballistischen Raketenprogramm Teherans, die der Iran jedoch zurückweist. Am 11. Februar jährt sich die Islamische Revolution im Iran zum 40. Mal.

Verortet die Trump-Regierung dort das Reich des Bösen, so spielte die Menschenrechtslage in arabischen Ländern in Pompeos Rede keinerlei Rolle. Aufklärung im Mordfall Jamal Khashoggi zu fordern bleibt dem US-Kongress in Washington vorbehalten. Fast überschwänglich gelobt wurde Gastgeber Präsident Abdelfattah al-Sisi, der Ägypten zum Hort der Freiheit gemacht habe: allerdings auch dafür, dass "fälschlicher weise als NGO-Betreiber verurteilte US-Bürger" endlich freigekommen seien. Alle anderen sind nicht so wichtig. (Gudrun Harrer, 11.1.2019)