Rumäniens Premierministerin Viorica Dăncilă versprach EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker einen engagierten Ratsvorsitz.

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Rumänien war aus Sicht der Europäischen Union noch nie ein unproblematisches Mitgliedsland. Seit dem Beitritt im Jahr 2007 steht es unter besonderer Beobachtung der Kommission. In keinem anderen der "neuen Länder" aus Ost- und Ostmitteleuropa ist der Missbrauch von EU-Geldern so groß. Der EU-Rechnungshof stellt das regelmäßig fest. So wie auch die Brüsseler Kommission in regelmäßigen Jahresberichten das Versagen der Justiz und die Gängelung der Antikorruptionsbehörde durch die Regierung anprangert.

Gleich zu Beginn der rumänischen EU-Präsidentschaft hatte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker daher nicht zufällig per Zeitungsinterview öffentlich Zweifel geäußert, dass die Regierung in Bukarest "begriffen hat, was es heißt, den Vorsitz der EU zu übernehmen". Berichte über die brutale Niederschlagung von friedlichen Demonstrationen durch die Polizei und Pläne für ein "Amnestiegesetz", das für den Chef der regierenden Sozialdemokraten, Liviu Dragnea, die Aufhebung des Verbots der Übernahme eines Regierungsamtes bringen soll, hatten die EU-Zentralbehörde aufgeschreckt.

Aufmerksamkeit

Dragnea ist wegen Wahlfälschung verurteilt, aber dennoch Parlamentspräsident – obwohl die Justiz auch wegen Korruption gegen ihn ermittelt. Mit umso mehr Aufmerksamkeit wurde der Besuch der EU-Kommission mit Juncker an der Spitze Ende dieser Woche in der Hauptstadt erwartet. Das gesamte Kollegium ging mit Ministerpräsidentin Viorica Dăncilă (PSD) samt ihrem sozialliberalen Kabinett einerseits, aber auch mit Staatspräsident Klaus Iohannis, einem Christdemokraten, das Arbeitsprogramm für die nächsten sechs Monate durch.

Am Ende war (fast) alles gut. Sowohl Dăncilă wie auch Iohannis hätten ihm versichert, dass "es keine gute Idee wäre, die internen (politischen) Probleme nach Europa zu exportieren", sagte Juncker bei einer Pressekonferenz mit Dăncilă. Er sei nun überzeugt davon, dass die Regierung "gut vorbereitet" sei und im EU-Vorsitz eine gute Arbeit leisten werde.

Neben den EU-Wahlen im Mai gibt es in Rumänien im Herbst Präsidentenwahlen, 2020 dann Parlamentswahlen. Die Macht wird also neu verteilt. Dăncilă versprach dennoch öffentlich und feierlich, dass sie und ihre Minister alles tun würden, um die wichtigsten EU-Projekte positiv zu erledigen. Neben den Verhandlungen über den EU-Budgetrahmen 2021 bis 2027 ist das vor allem das endlose Thema Migration.

Alles wird aber derzeit noch überragt von der Frage, ob es in den kommenden Wochen gelingen wird, den Brexit per 29. März geordnet über die Bühne zu bringen. Der Showdown beginnt in den nächsten Tagen. Am Dienstag wird das Unterhaus in London darüber abstimmen, ob es den von Premierministerin Theresa May ausgehandelten EU-Austrittsdeal annimmt oder ablehnt. Praktisch zeitgleich wird die rumänische Regierung im Plenum in Straßburg den EU-Abgeordneten ihr Programm präsentieren.

"Lasst mich nur machen"

Juncker nährte in Bukarest den Optimismus, dass die Sache einen positiven Ausgang finden werde: "Lasst mich nur machen", sagte er kryptisch auf Fragen, welche zusätzlichen Zugeständnisse er May zur Frage der offenen Grenzen in Irland in letzter Minute anbieten könnte, die es ihr ermöglichen, im Unterhaus eine Mehrheit zu finden. Das ganze Wochenende über soll es dazu zwischen Brüssel und London noch Gespräche geben, heißt es in Junckers Umfeld. Sollte der Brexitdeal am Dienstag im ersten Anlauf durchfallen, könnte es einen neuerlichen Brexitsondergipfel der Staats- und Regierungschefs geben. (Thomas Mayer aus Bukarest, 11.1.2019)