In Leonding bei Linz steht die wohl größte Mining-Farm Europas

Foto: BitTex

Als Simon Ehrenmüller und Daniel Hattmannsdorfer 2017 mit Bittex operativ starteten, hatten sie die Vision vom Mining made in Austria und stellten in Leonding die wohl größte Mining-Farm Zentraleuropas hin. Knapp zwei Jahre später ist der Traum vom großen Geld wieder in die Ferne gerückt, die meisten Server stehen still, wie der STANDARD bereits Ende November berichtet hat. Der Kurs des von Bittex geschöpften Ethereums ist ins Bodenlose gefallen.

In Zeitungen und Magazinen ist vom Aus der Kryptowährungen die Rede, die Finanzbranche ist nach wie vor verunsichert, wie man mit den neuen Währungsformen umgehen soll. Deshalb zog man in Leonding, wo in Containern 14.400 Grafikkarten arbeiteten, im Sommer 2018 für die Kunden die Reißleine. Bereits seit dem Frühjahr steht Rudolf Engelsberger den jungen Gründern als strategischer Manager zur Seite. "Wenn ein junges Unternehmen schnell viel Mittel bekommt, entstehen Entwicklungen, die eine Struktur brauchen", beschreibt der erfahrene Unternehmensstratege seine Aufgabe bei Bittex. Das neue Feld der Kryptoassets habe ihn gereizt, ebenso, seine rationale Sichtweise einzubringen und der Firma so zu helfen, erklärte er im Gespräch mit der APA.

Hoffnung auf Besserung

Die Kryptowährungen sieht Engelsberger keineswegs vor dem Aus. Der momentane Kursverfall sei nicht logisch zu begründen. Große Kapitalgeber würden Einfluss nehmen, um den Kurs künstlich nach unten zu drücken, eventuell um niedrige Einstiege zu ermöglichen, hieße es in der Branche. "Wir glauben, dass Kryptische Währungen in Zukunft eine deutliche Berechtigung haben werden und auch das Mining", sagt der Geschäftsmann mit Firma in der Schweiz. Entscheidend sei, dass sich die Systeme über Erfahrungswerte modifizieren. "Die Blockchain-Technologie wird nicht zu verhindern sein, weil sie für sich das fälschungssicherste und transparenteste System für Transaktionen ist", ist der Deutsche überzeugt.

Was heißt das nun für Bittex? Immerhin haben knapp 700 Menschen 2017 rund fünf Millionen Euro über Crowdfunding in das vielversprechende Unternehmen gesteckt. Diese Mitglieder hatten bis Ende 2017 bereits das erste Mal den "Return of Invest" und viele ließen ihre Ethereums auf ihren Wallets, quasi ihren digitalen Konten. Das sei auch derzeit kein großer Stressfaktor. "Wir gehen den Weg der offenen Kommunikation und versuchen, falls das gewünscht wird, einen verhältnismäßig positiven Ausstieg zu ermöglichen", erklärt Engelsberger.

Optimismus als Trugschluss

Im Rückblick sieht er nur wenige Dinge, die er anders machen würde. Womöglich hätte man mit dem heutigen Wissen von Anfang an Hardware statt Rechenleistung verkauft. Damit begann Bittex Anfang 2018, als Aufsichtsorgane Verunsicherung in die Branche brachten, weil nicht klar war, ob Mining als Finanzdienstleistung oder als normale Dienstleistung zu sehen war. Seither konnten Kunden Hardware wie Grafikkarten oder Motherboards erwerben. "Der Kunde ist Eigentümer, wir hosten das nur und erbringen eine reine Dienstleistung." Mit diesem Modell wurde allerdings deutlich weniger verkauft als vorher mit den Rechenleistungspaketen. Doch 2018 ging man bei Bittex wie in der Branche noch davon aus, dass sich die Kurse von kryptischen Währungen ab dem zweiten Halbjahr wieder positiv entwickeln werden – was sich als Trugschluss erwies.

Ein klarer Konsolidierungskurs und Vorsicht waren ab Mitte 2018 das Gebot der Stunde. Zuerst wurden alle Entwicklungsprojekte auf Eis gelegt, Personal erheblich – von über 20 auf sechs – reduziert.

Dann wurde im Sommer das Mining für die Kunden abgeschaltet, wie mehrere Medien berichteten, "weil der Ertrag für die Kunden nicht mehr relevant war, sondern ins Minus kippte". Und dass die Kunden laufende Verluste hinnehmen, sei für Bittex undenkbar. Im Oktober 2018 führte Engelsberger eine Meinungsumfrage unter den rund 700 Kunden durch, um herauszufinden, ab welcher Rentabilität der Betrieb wieder aufgenommen werden sollte. Das Ergebnis: Es soll auf alle Fälle mit der Wiederaufnahme bis zu einer echten Rentabilität gewartet werden.

Strompreis spielt eine Rolle

Der Wiedereinstieg hänge nicht allein vom Kurs des geschöpften Ethereum ab, sondern auch vom Strompreis und der weltweiten Rechenleistung beim Mining, von dem der Reward, also die geschöpfte Stückzahl, abhängt. "Wir sind auch in enger Kommunikation mit der Vertriebsfirma Apollon und den Kunden aus dem Crowdfunding und versuchen eine Lösungsstrategie zu erarbeiten, um das Verlustrisiko zu minimieren", beschreibt der in der Schweiz lebende Engelsberger den Status quo. Man suche nach Möglichkeiten, Mining rentabel zu gestalten, denke dabei über Landesgrenzen und Europa hinaus und führe Gespräche mit potenziellen Partnern.

Eine Insolvenz droht derzeit nicht. Natürlich wurde die Liquidität geprüft, es wird ein klarer Konsolidierungsplan gefahren. "Bis jetzt gab es keine Anträge, bisher hat sich das Unternehmen aus Reserven konsolidiert", doch für die Zukunft, wenn die Branche sich nicht positiv entwickle, könne man gar nichts sagen, will Engelsberger nicht Kaffeesudlesen.

Da sich Hattmannsdorfer nun zurückzieht, steht im Raum, dass der früher im Finanzdienstleistungssektor tätige Engelsberger neben Simon Ehrenmüller in die Geschäftsleitung einsteigt. Das untermauert, dass er an die Branche glaubt, und gibt der Vision vom Mining made in Austria – vielleicht auch mit Anlagen im Ausland – einen zumindest kleinen Silberstreif am Horizont. (APA, red, 13.1.2019)