Wenn das Auto im Schnee steckt, muss man zumindest versuchen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Arbeitsplatz zu gelangen.

Foto: Helmut Fohringer

Zahlreiche Arbeitnehmer konnten in der vergangenen Woche wegen der Schneemassen nicht am Arbeitsplatz erscheinen, und auch in den kommenden Tagen ist wieder mit Behinderungen in einigen Regionen zu rechnen. Das Wetterchaos wirft schwierige arbeitsrechtliche Fragen auf. Denn eine Abwesenheit vom Arbeitsplatz ist nur dann zulässig, wenn ein rechtmäßiger Hinderungsgrund vorliegt. Bleiben Dienstnehmer ohne eine entsprechende Rechtfertigung von ihrem Arbeitsplatz fern, droht ihnen nicht nur der Verlust der Entgeltfortzahlung für diese Zeit, sondern auch eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses – also eine fristlose Entlassung.

Arbeitsplatz unerreichbar

Wie schaut die Rechtslage im Detail aus? Neben den in der Praxis häufigen und bekannten Fällen der Dienstverhinderung wegen Krankheit, Arztbesuchen oder Behördenwegen haben Arbeitnehmer auch Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn sie durch andere wichtige, ihre Person betreffende Gründe nicht arbeiten können. Die Dienstverhinderung darf nicht von ihnen verschuldet sein und nur eine verhältnismäßig kurze Zeit betreffen.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits entschieden, dass die Unerreichbarkeit des Arbeitsplatzes wegen außergewöhnlicher Schneemassen als ein derart wichtiger Grund zu qualifizieren ist (OGH 9 ObA 42/88). Voraussetzung ist, dass das Naturereignis dem Arbeitnehmer keine andere Wahl lässt, als die Arbeitsleistung zu unterlassen. Infolge des Vorliegens eines rechtmäßigen Hinderungsgrundes behält der Arbeitnehmer wegen der Unmöglichkeit des Tätigwerdens nicht nur den Anspruch auf das Entgelt, sondern kann auch nicht entlassen werden. Die Vereinbarung von Urlaub für die zusätzlichen "freien" Tage ist nicht notwendig.

Wie bei allen Dienstverhinderungen gilt aber, dass der Arbeitnehmer die Dienstverhinderung unverzüglich, das heißt so schnell wie möglich, zu melden hat. Ist eine Meldung etwa mangels Telefonempfangs nicht sofort möglich, muss sie schnellstmöglich nachgeholt werden. Gleichzeitig ist der Arbeitnehmer für das Vorliegen des Verhinderungsgrundes beweispflichtig. Erfolgt die Meldung nicht rechtzeitig oder werden keine Beweise vorgelegt, kann es trotz Vorliegens des rechtmäßigen Hinderungsgrundes zum Entfall der Entgeltfortzahlung kommen.

Zumutbar oder nicht

Schwieriger wird die rechtliche Einschätzung, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitsplatz zwar erreichen könnte, dies aber mit erhöhten Unannehmlichkeiten verbunden wäre. Hier kommt es entscheidend darauf an, ob die alternativen Möglichkeiten zumutbar sind. Springt beispielsweise das Fahrzeug infolge des Winterwetters nicht an oder sind die Straßen gesperrt, muss der Arbeitnehmer verfügbare öffentliche Verkehrsmittel selbst dann nutzen, wenn dies für ihn mit einer Verlängerung des Anfahrtsweges verbunden ist. Ein zusätzlicher Zeitaufwand von bis zu 2,5 Stunden wurde in der Rechtsprechung bereits als zumutbar qualifiziert. Je länger die Dienstverhinderung dauert, desto eher wird der Arbeitnehmer zudem verpflichtet sein, Alternativen in Anspruch zu nehmen. Können Arbeiten beispielsweise auch im Home-Office erledigt werden, wird dies vom Arbeitgeber verlangt werden können.

Wird die Arbeitsleistung unterlassen, obwohl eine zumutbare Alternative für die Anfahrt zum Arbeitsplatz bestünde, drohen ein Gehaltsverlust sowie die sofortige Entlassung. Das Fernbleiben von der Arbeit wäre in diesen Fällen nur nach vorheriger Urlaubsvereinbarung zulässig.

Wer freiwillig hilft

Ein wichtiger die Person des Arbeitnehmers betreffender Grund für das Unterlassen der Arbeitsleistung kann auch die Tätigkeit in der freiwilligen Feuerwehr, der Bergrettung oder in ähnlichen Organisationen sein. Nach der Rechtsprechung haben in diesen Fällen die moralischen Verpflichtungen gegenüber diesen Organisationen und der Gemeinschaft Vorrang vor der Arbeitspflicht. Ebenfalls ist vom Vorliegen einer berechtigten Dienstverhinderung auszugehen, wenn Privatpersonen in unmittelbaren Notfällen Hilfeleistungen zur Rettung anderer setzen. Das folgt schon allein daraus, dass sich die Arbeitnehmer andernfalls wegen unterlassener Hilfe strafbar machen könnten.

Die Situation für Arbeitnehmer, die zur Unterstützung von Hilfseinsätzen in betroffene Regionen reisen, ist strittig. Eine gesetzliche Verpflichtung zum Tätigwerden fehlt hier ebenso wie die Mitgliedschaft in einer Rettungsorganisation. Belastbare Rechtsprechung ist noch nicht ergangen, sodass ein derartiges Verhalten für den Arbeitnehmer jedenfalls mit den dargestellten Risiken verbunden ist. Zur Vermeidung von Nachteilen sind die Absprache mit dem Arbeitgeber und allenfalls die Vereinbarung von Urlaub empfehlenswert. (Christopher Peitsch, 13.1.2019)