Gammablitze sind äußerst energiereiche Ereignisse. Ihre Entstehung ist nicht vollständig geklärt.

Illustration: NASA/Swift/Cruz deWilde

Genf – Sie blitzen mit mehr Energie auf, als unsere Sonne in Milliarden von Jahren ausstößt: Gammablitze sind ein rätselhaftes Phänomen im Universum. Schweizer Forscher haben mehrere dieser Blitze aufgezeichnet und analysiert, um ihr Geheimnis zu ergründen.

Rund einmal am Tag beobachten Wissenschafter Gammastrahlungs-Blitze. Wie sie entstehen, ist noch nicht geklärt, obwohl es mehrere Theorien dazu gibt. Um ihre Herkunft und Eigenschaften besser zu verstehen, haben Forscher des Paul Scherrer Instituts (PSI) und der Universität Genf mit Kollegen aus China und Polen mehrere Dutzend Gammablitze aufgezeichnet und die fünf hellsten genauer analysiert.

Ordnung und Chaos

Der Fokus der Wissenschafter lag dabei auf einer bestimmten Eigenschaft des ausgesendeten Lichts: dem Polarisationsgrad. Das bedeutet, wie "geordnet" die Lichtwellen sind, also ob sie alle parallel schwingen und somit stark polarisiert sind, oder ob sie alle in unterschiedlichen Winkeln zueinander schwingen und somit gar nicht polarisiert sind, oder etwas dazwischen. Der Polarisationsgrad wiederum erlaubt Rückschlüsse auf den Ursprung der Gammablitze.

Das Ergebnis überraschte: Die Lichtwellen sind nämlich sowohl chaotisch als auch geordnet, wie die Wissenschafter im Fachblatt "Nature Astronomy" berichten. Analysiert man einen Gammablitz als Ganzes, habe er einen geringen Polarisationsgrad, sagte Merlin Kole von der Universität Genf. Die Lichtwellen schienen also ungeordnet in alle möglichen Richtungen zu schwingen.

Als die Forscher jedoch einen neun Sekunden langen Blitz in Zeitfenster von je zwei Sekunden teilten, bemerkten sie, dass die Lichtwellen innerhalb jedes Fensters parallel schwingen, also polarisiert sind, aber die Schwingungsrichtung sich von Zeitfenster zu Zeitfenster ändert. Dadurch kommt das chaotische Gesamtbild zustande.

Kollabierende oder verschmelzende Sterne

Die verschiedenen Theorien zur Entstehung von Gammablitzen führen zu verschiedenen Vorhersagen bezüglich ihres Polarisationsgrads. Als Ursprung komme beispielsweise der Kollaps eines massereichen Sterns zu einem Schwarzen Loch infrage, so die Forscher. Auch das Verschmelzen zweier Neutronensterne oder andere ähnlich energie- und massereiche Vorgänge könnten Grund für die Gammablitze sein. "Dank unserer Daten werden sich wohl manche dieser Theorien zu den Ursprungsmechanismen ausschließen lassen", sagte Wojciech Hajdas vom PSI.

Für die Messungen verwendeten die Wissenschafter einen speziell dafür entwickelten Detektor namens Polar an Bord der chinesischen Raumstation Tiangong-2, die sich seit September 2016 im Orbit befindet. Die Daten vom All aus zu sammeln sei entscheidend, weil die Erdatmosphäre eine genaue Messung des Polarisationsgrads verhindert hätte.

Die Ergebnisse werfen neue Fragen auf, weshalb nun eine zweite Version des Detektors gebaut werden soll. Polar-2 soll größer sein und präzisere Messungen erlauben. Damit hoffen die Forscher, dem Ursprung der Gammablitze endlich auf die Schliche zu kommen. (red, APA, 14.1.2019)