Der Tasmanische Teufel ist inzwischen nicht mehr durch die Jagd bedroht, sondern durch ansteckende Krebserkrankungen.

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Durch gegenseitige Bisse ins Gesicht übertragen die Tiere infektiöse Tumoren auf Artgenossen. Die Tumorzellen verursachen zunächst Geschwüre im Gesicht, entwickeln sich dann zu größeren Tumoren und breiten sich über den gesamten Körper aus.

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Wien – Sarcophilus harrisii hat es unter Biologen und Medizinern zu trauriger Berühmtheit und großem Interesse gebracht: Der auch unter dem Namen Tasmanischer Teufel bekannte Raubbeutler, der ausschließlich auf der australischen Insel Tasmanien lebt, leidet an einer extrem seltenen und tödlichen Plage: Die Tiere sind von ansteckenden Krebserkrankungen betroffen.

Infektiöse Tumoren sind bei Säugetieren sehr selten – für die medizinische Forschung sind solche Fälle interessant, da an ihnen grundlegende Eigenschaften entarteter Zellen und ihr Wechselspiel mit dem Immunsystem untersucht werden können. Einem Wiener Forscherteam ist es nun gelungen, molekulare Schlüsselmechanismen aufzuklären, die für die Übertragbarkeit der Krebszellen beim Tasmanischen Teufel entscheidend sind.

Rasante Ausbreitung

Normalerweise wuchern Tumoren ausschließlich in dem Organismus, aus dessen Zellen sie entstanden sind. Das gilt auch für den Menschen: Abgesehen von wenigen dokumentierten Fällen, etwa durch versehentliche Schnittverletzungen während einer Krebs-OP, können Krebszellen nicht auf andere übertragen werden. Verantwortlich dafür sind eine Vielzahl an molekularen Sicherheitsmechanismen, mit denen das Immunsystem körperfremdes Gewebe abwehrt.

Anders bei den Tasmanischen Teufeln, den größten lebenden Raubbeutlern der Welt. Unter ihnen breiten sich seit gut zwei Jahrzehnten tödliche Gesichtstumoren mit rasanter Geschwindigkeit aus, jüngsten Schätzungen zufolge sind bereits an die 90 Prozent der Wildpopulation davon betroffen. Das Besondere daran: Die Krebszellen werden durch Bisse von einem Tier auf das nächste übertragen, genetisch sind sie in allen Proben nahezu identisch und stammen daher vermutlich aus einer einzigen Ursprungszelle. Dass sich die Teufel im Kampf um Nahrung und Geschlechtspartner häufig gegenseitig in die Schnauze beißen, sorgt für die rasante Verbreitung.

Hochaktive Rezeptoren

Wie dieser Krebs aber ansteckend wurde und wodurch er dem Immunsystem seiner ansonsten gesunden Empfänger entkommt, war lange ein Rätsel. Nun konnte ein Team um Andreas Bergthaler (Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, CEMM) und Richard Moriggl (Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung, Veterinärmedizinische Universität und Medizinische Universität Wien) molekulare Mechanismen nachweisen, die zu der Übertragbarkeit des Tumors beitragen.

Die Wissenschafter fanden heraus, dass bestimmte Rezeptormoleküle auf der Oberfläche der Krebszellen, die sogenannten ERBB Rezeptoren, eine ungewöhnlich hohe Aktivität aufweisen. Diese Rezeptoren senden Signale an das Zellinnere, die über STAT3 genannte Proteine Einfluss auf das Erbgut der Zelle nehmen. In Folge kommt zu es zu einem regelrechten Umbau der Zelle: Die Anzahl der Moleküle, die dem Immunsystem zur Erkennung der Zelle dienen, wird reduziert, während sich gleichzeitig die Zellteilung beschleunigt und Faktoren für die Metastasierung der Tumorzellen verstärkt produziert werden.

Hoffnung für die armen Teufel

"Mit unseren Experimenten konnten wir erstmals zeigen, dass die Überaktivierung von ERBB Rezeptoren und in Folge auch von STAT3 einen erheblichen Beitrag zur Übertragbarkeit dieser Tumore leistet", sagte Lindsay Kosack vom CeMM, Ko-Autor der Studie. "Zudem haben wir in weiteren Versuchen zeigen können, dass durch Inhibierung des ERBB Rezeptors durch ein Medikament die Krebszellen gezielt getötet werden können. Dies könnte eine wichtige Rolle spielen, um diesen übertragbaren Tumor zu behandeln, bevor der Tasmanische Teufel vollständig ausgerottet wird."

Die Studie, die nun im Fachblatt "Cancer Cell" erschienen ist, könnte jedoch auch für die Humanmedizin relevant sein, sagt Andreas Bergthaler: "99,1 Prozent des STAT3 Proteins vom Tasmanischen Teufel sind mit dem des Menschen identisch. Und viele der Gene, die von STAT3 in den Tieren aktiviert werden, sind in menschlichen Krebsarten ebenfalls aktiv." Dass Krebserkrankungen auch beim Menschen häufiger ansteckend werden könnten, hält der Forscher zwar für unwahrscheinlich. Ein besseres molekulares Verständnis von übertragbaren Tumoren könnte aber wichtige Erkenntnisse über die grundlegenden biologischen Mechanismen von Krebsmetastasen liefern. (red, 15.1.2019)