In London wird am Dienstag fleißig demonstriert.

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Zweieinhalb Jahre nach dem Brexit-Entscheid des Volkes, 73 Tage vor dem geplanten Austrittstermin ist nun das britische Parlament am Zug. Die 639 stimmberechtigten Mitglieder des Londoner Unterhauses müssen über das Verhandlungspaket entscheiden, das Premierministerin Theresa May aus Brüssel mitgebracht hat.

Kann Großbritannien auf geordnete Weise aus der EU ausscheiden? Kommt es zum Chaos-Brexit mit unvorhersehbaren Konsequenzen für die wirtschaftlichen und politischen Verbindungen, die über Jahrzehnte gewachsen sind? Oder geben die Parlamentarier die Frage ans Volk zurück?

Mays Hauptproblem sind die Brexit-UItras in den eigenen Reihen. Diese reden dem Volk ein, Brüssel werde noch rechtzeitig zu Kreuze kriechen. Notfalls werde ein Austritt ohne Vereinbarung lediglich zu kurzzeitigen Turbulenzen führen. Der Realitätsverlust ist beängstigend.

Positive Botschaft fehlt

Umgekehrt beharren weit mehr als 100 Abgeordnete auf einer zweiten Abstimmung. Im Juni 2016, so lautet indirekt ihr Vorwurf, habe das Volk einen Fehler gemacht. Das mag sein. Einstweilen spricht aber wenig dafür, dass sich die Meinung jener Leave-Wähler geändert hat. Zudem lassen die Referendumsbegeisterten eine positive Botschaft vermissen. Stets nur die Schwierigkeiten des Austritts und die zu erwartenden wirtschaftlichen Einbußen zu betonen, wird nicht genügen.

Die Premierministerin auf Abruf – May tritt zur nächsten Wahl nicht wieder an – hat unter schwierigen Umständen das Beste für ihr Land herausgeholt. Dennoch gilt ihre Niederlage als sicher. Die politische Elite Großbritanniens hat sich in eine Sackgasse manövriert, und niemand kennt den Ausweg. (Sebastian Borger, 15.1.2019)