Man darf sich die Frage stellen, ob die Festnahme der Finanzchefin des chinesischen IT-Riesen Huawei in Kanada wirklich notwendig war. Die USA werfen Meng Wanzhou Verstöße gegen die Iran-Sanktionen vor, die selbst höchst umstritten sind, und haben bis heute ihre Anschuldigungen nicht belegt. Die kanadischen Behörden haben offenbar keine politischen Absichten verfolgt, sondern einfach einen internationalen Haftbefehl exekutiert. Das war nicht besonders klug, aber rechtens.

Und Kanada hat wohl nicht mit der Heftigkeit der Reaktion gerechnet. Mehr als ein Dutzend Kanadier wurden seither in China verhaftet, und nun wurde gegen einen bereits im Vorjahr wegen Drogenschmuggels verurteilten Landsmann in einem Schauprozess ein Todesurteil verhängt. Anders als beim Verfahren gegen Meng hat das mit Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun. Chinas Staatschef Xi Jinping zeigt, zu welcher Brutalität er auch international bereit ist, um seinen Willen durchzusetzen. Vor diesem Mann und seinem Regime muss man sich fürchten.

Kanadas Premier Justin Trudeau steht in diesem Konflikt allein da. Von Donald Trump kann er keine Hilfe erwarten; der US-Präsident verfolgt gegenüber Peking seine eigenen Interessen und pflegt seine Launen. Es liegt an den Europäern, den kanadischen Verbündeten moralische und politische Rückendeckung zu geben – und China dies auch spüren zu lassen. Denn als Nächstes kann Xis Keule sie treffen. (Eric Frey, 15.1.2019)