Dominic Thiem mit einem Kunststoß.

Foto: APA/AFP/WILLIAM WEST

Wehrte sich tapfer: Benoit Paire.

Foto: APA/AFP/WILLIAM WEST

Bild nicht mehr verfügbar.

Ende gut, alles gut.

Foto: REUTERS/KIM KYUNG-HOON

Melbourne – Um 2.08 Uhr früh am Mittwoch (Ortszeit) hatte Dominic Thiem sein insgesamt zwölftes Fünfsatzmatch doch noch gewonnen. Mit Ach und Krach erreichte die Nummer sieben der mit 39,14 Millionen Euro dotierten Australian Open als letzter Spieler die zweite Runde. Thiem bezwang in Melbourne den unberechenbaren Franzosen Benoit Paire nach vergebener 2:0-Satzführung nach 3:42 Stunden noch mit 6:4, 6:3, 5:7, 1:6, 6:3.

"Ich bin sehr erleichtert", atmete Thiem im Interview mit Servus TV durch. "Ich habe in den ersten zwei Sätzen echt sehr gut gespielt. Das einzige Problem war, dass ich vielleicht ein bisschen übermotiviert war. Ich habe eine viel zu hohe Körperspannung gehabt, habe in jedem Punkt alles reingehaut, das habe ich im dritten und vierten Satz zurückbekommen", schilderte Thiem. Er habe nach jedem Ballwechsel einen gefühlten Puls 200 gehabt. "Das ist ein Anfängerfehler bei einem Grand Slam, hat mich fast das Match gekostet. Zum Schluss bin ich lockerer geworden."

Vorzeitige Entscheidung verpasst

Noch auf dem Platz hatte sich Thiem nach Verwertung seines vierten Matchballs bei jenen Zuschauern bedankt, die bis 2 Uhr geblieben waren. Es waren aber nur noch wenige in der eigentlich 7.500 Fans fassenden Margaret Court Arena. Er hätte sich und alle anderen schon weit früher ins Bett schicken können. Bei 5:5 im dritten Durchgang blieb ein 0:30 bei Aufschlag Paire ungenutzt. "Wenn ich da das Break mache, ist es schon lange vorbei. Es war dann echt schwer, weil ich im vierten Satz körperlich ziemlich am Ende war. Normal sollte mir das nicht passieren, dass ich so überangespannt bin. Daraus resultieren dann auch die ganzen Doppelfehler (13!)", erklärte Thiem.

Thiem trifft nun am Donnerstag in der Night-Session (8.00 Uhr MEZ) auf den jungen Australier Alexei Popyrin. Gegen den 19-jährigen Popyrin, der nur dank einer Wildcard im Bewerb steht, hat Thiem noch nie gespielt. Der French-Open-Finalist des Vorjahres ist gegen die Nummer 149 freilich klarer Favorit. Der Niederösterreicher spielt seine sechsten Australian Open und hat in den vergangenen beiden Jahren jeweils das Achtelfinale erreicht.

Schwierigkeiten mit dem Aufschlag

Thiem hatte von Beginn weg mehr Schwierigkeiten mit dem Aufschlag und musste bei 2:2 auch die ersten Breakbälle abwehren. Etwas überraschend gelang dann aber Thiem mit seiner ersten Möglichkeit das Break zum 4:2. Danach verlor er etwas den Faden, machte im siebenten Game wie schon im Eröffnungsspiel zwei Doppelfehler und bis zum 4:4 gar keinen Punkt. Danach musste er nicht weniger als drei Breakbälle abwehren, ehe er auf 5:4 stellte. Mithilfe eines Netzrollers erarbeitete sich Thiem in der Folge seinen vierten Satzball, den er nach 54 Minuten zur Satzführung nutzte.

Im zweiten Durchgang musste Thiem sein Service gleich zum 0:1 abgeben, schaffte aber das sofortige Rebreak. Das launenhafte und unbeständige Spiel Paires bestimmte das Geschehen mehr als Thiems Überlegenheit. Doch nach einem Break zum 3:1 und einer 4:1-Führung erfolgte nach 75 Minuten die vermeintliche Vorentscheidung. Nach knapp eineinhalb Stunden hatte Thiem kurz vor Mitternacht die 2:0-Satzführung hergestellt.

"Scheißhose!"

Zu Beginn des dritten Satzes vergab Thiem zunächst einen Breakball, musste sich dann im zweiten Game einmal mehr über seine Short beschweren. Mitten im Ballwechsel fiel ihm der zweite Ball aus der Hose, was dem Lichtenwörther auch in der Vergangenheit öfters passiert war. Mit einem lauten "Scheißhose!" machte Thiem seinem Frust Luft. Die Firma Adidas scheint dieses Problem nicht in den Griff zu bekommen. Bei den French Open hatte Thiem deshalb sogar seine Taktik geändert und sich den zweiten Ball immer zuwerfen lassen. Dies machte er dann auch in der Fortsetzung dieses Matches. Im siebenten Spiel vergab Thiem zwei Breakbälle und sah sich bei 4:5 nach 2:25 Stunden plötzlich selbst zwei Satzbällen gegenüber. Mit gut platzierten Aufschlägen wehrte Thiem diese zwar ab, doch um 1 Uhr früh Ortszeit ging es in die Verlängerung: Ein Netzroller Paires beim dritten Satzball brachte dem Franzosen das 7:5.

Wieder ließ der Schützling von Günter Bresnik zu Beginn zwei Breakbälle aus und gab selbst nach den Doppelfehlern acht und neun den Aufschlag ab. Nach 2:50 Stunden stand es in Satz vier bereits 0:3, sechs Minuten später 0:5. Der fünfte Satz war nicht mehr zu verhindern.

Und in diesem spannenden Durchgang erfing sich Thiem, der sein Niveau gerade noch rechtzeitig wieder steigern konnte. Das entscheidende Break gelang ihm zum 5:3 und auch wenn Paire einen der Matchbälle noch mit einem unerreichbaren Netzroller abwehrte, zwang Thiem das Glück auf seine Seite. Freundin Kiki Mladenovic, Bresnik und Physio Alex Stober jubelten mit dem Weltranglistenachten über seinen sechsten Fünfsatzsieg im zwölften Versuch. Will er hier wieder die zweite Woche erreichen, muss er sich aber sowohl in Serviceleistung als auch sonst steigern. Neben den vielen Doppelfehlern hat er mit 40 Winnern gegenüber 57 unerzwungenen Fehlern auch von den Zahlen her eine für ihn unerfreuliche Statistik vorzuweisen. (APA, 15.1.2019)