Oft ist es altes Wissen um gesunde Lebensmittel, das mit den Mitteln der evidenzbasierten Forschung überprüft wird. Wirkstoffe werden isoliert und ihre Eigenschaften eindeutig beschrieben.

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Knoblauch gilt als eine der ältesten, vom Menschen genutzten Arzneipflanzen. Bis heute wird ihm eine positive Wirkung auf Darm, Herz-Kreislauf-System oder Immunabwehr zugeschrieben. Die bereits im alten Ägypten erwähnte Nutzpflanze könnte aber nach wie vor einige Geheimnisse in sich tragen. David Mirelman vom Weizmann Institute in Rehovot, Israel, ist dabei, die Biomoleküle im Knoblauch systematisch zu untersuchen. Er konzentriert sich unter anderem auf Allicin, ein nichtstabiles Molekül, das durch eine – für den Koch etwa deutlich riechbare – biochemische Reaktion entsteht. Mirelman erforscht, wie man den antibiotisch wirkenden Stoff verwenden könnte, um pathogene Pilze oder sogar Krebszellen abzutöten.

Mirelman war einer der Vortragenden beim Austrian Summit on Natural Products, der Anfang der Woche zum zweiten Mal in Seefeld in Tirol stattgefunden hat. Die Konferenz bringt Experten zusammen, die sich der Erforschung pflanzlicher Naturstoffe sowie deren Anwendung in Pharmazie, Kosmetik und Ernährung verschrieben haben, und ist ein in dem Fachbereich weithin sichtbares Zeichen des Phytovalley Tirol, zu dem sich einschlägige Institutionen in Innsbruck zusammengefunden haben. "Wir wollen bei unserer jährlichen Konferenz die Weltspitze mit Nachwuchsforschern zusammenbringen", sagt Günther Bonn, Phytovalley-Initiator und Leiter des Instituts für Analytische Chemie und Radiochemie der Universität Innsbruck sowie des Austrian Drug Screening Institute (ADSI).

Naturstoff-Cluster

Ausgangspunkt der Tiroler Aktivitäten war neben der universitären Beschäftigung die Niederlassung des Phytopharmazieherstellers Bionorica – Anbieter des bekannten Schleimlösepräparats Sinupret. 2012 wurde das ADSI gegründet, eine 100-Prozent-Tochter der Universität, die zwischen Grundlagenforschung und Industrie vermittelt. Aktuell entsteht an der Fakultät für Chemie und Pharmazie zudem ein neues Institut für die Entwicklung pflanzlicher Wirkstoffe, gestiftet von Bionorica-Chef Michael Popp und dem Land Tirol.

In der Phytoindustrie versucht man Wirkstoffe nicht synthetisch herzustellen, sondern in Pflanzen zu isolieren und genau zu beschreiben – was vor die Forscher eigene Aufgaben stellt. Gerade in der Pharmazie ist Qualitätssicherung schon beim Anbau der Pflanzen wichtig, etwa um Verunreinigungen auszuschließen. Hier müssen dieselben strengen Auflagen erfüllt werden wie in der Zulassung synthetischer Wirkstoffe, betont Bonn.

Genaue Analyse für die Kosmetik

Anders ist es in der Kosmetik. Hier machen neue Auflagen oftmals eine genauere Analyse bestehender Produkte notwendig. Bereits am Markt befindliche Cremen werden etwa an eigenen Hautmodellen untersucht, um sicherzugehen, dass sie keine Irritationen oder Allergien auslösen.

"Cumarine, die in den Pflanzen vorkommen, können fototoxisch wirken und die Haut-DNA verändern", führt Bonn ein Beispiel für Probleme an, die es auszuschließen gilt. In Seefeld wurde etwa ein eigenes In-vitro-Hautmodell für derartige Analysen präsentiert.

Einen besonderen Boom erleben die Pflanzenstoffe als Nahrungsergänzungsmittel. Auch Lebensmittelkonzerne streichen auf ihren Produktverpackungen gern die "natürlichen Inhaltsstoffe" hervor, die dafür im industriellen Maßstab hergestellt werden müssen.

Olivenöl-Analyse

In Innsbruck hat man sich mit Partnern in Italien und Griechenland in den vergangenen Jahren unter anderem auf die Analytik von Olivenöl konzentriert, wie ebenfalls auf der Konferenz berichtet wurde. Olivenöl wird etwa eine positive Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System nachgesagt, indem es der Verstopfung von Arterien vorbeugt – eine Wirkung, die den sogenannten Polyphenolen zu verdanken ist. Eine EU-Regelung erlaubt bei Inhaltswerten von fünf Milligramm pro 20 Gramm Olivenöl den Vermerk, dass das Produkt dazu beiträgt, "die Blutfette vor oxidativen Schäden zu schützen". Hier steuerten die Forscher eine Analysemethode bei, die die relevanten Inhaltsstoffe und -mengen schnell und sicher belegen, erklärt Bonn. Bisher gab es oft nur vage Interpretationen, die der Komplexität des Nahrungsmittels nicht entsprachen.

Bei den auf der Konferenz vorgestellten Arbeiten offenbarte sich auch das Bemühen um die Nutzung des jeweils lokalen Naturerbes. Alvaro Viljoen aus Pretoria in Südafrika klopft etwa die Traditionelle Afrikanische Medizin auf nachweisbare Wirkstoffe ab. Francisco Macías aus Cadiz in Spanien nimmt die Nutzbarkeit der Cherimoya-Frucht für die Phytopharmazie unter die Lupe. Und Argyropoulou Aikaterini aus Athen hat ein ganzes Set analytischer Methoden entwickelt, um Qualität, Wirksamkeit und Herkunft von zwei der wichtigsten griechischen Naturprodukte sicherzustellen: Mastixharz, bekannt als "Chios Mastic gum", und griechischen Bergtee. (Alois Pumhösel, 16. 1. 2019)