Brasilia – Brasiliens ultrarechter Staatschef Jair Bolsonaro hat am Dienstag per Dekret die Regeln zum Waffenbesitz gelockert. Damit erfüllt der seit dem 1. Jänner amtierende Präsident ein zentrales Wahlversprechen seines Programms für "Recht und Ordnung". Das Dekret ermöglicht nach Bolsonaros Worten "guten Bürgern" des gewaltgeplagten Landes, schneller Waffen zu erwerben.

Künftig können Brasilianer über 25 Jahren ohne Vorstrafen bis zu vier Schusswaffen zu Hause aufbewahren. Bei der im Fernsehen direkt übertragenen Zeremonie im Präsidentenpalast Planalto in der Hauptstadt Brasília erklärte Bolsonaro, um das "Recht auf Notwehr" zu gewährleisten, werde er als Präsident "diese Waffe benutzen" – dabei zeigte er seinen Kugelschreiber.

Vier Schusswaffen pro Kopf

Später schrieb der Ex-Offizier im Kurzbotschaftendienst Twitter, bisher habe der Staat entschieden, wer das Recht habe, sich selbst, seine Familie und seinen Besitz zu verteidigen. "Heute geben wir den brasilianischen Bürgern das Recht zu entscheiden."

Das Recht, Waffen in der Öffentlichkeit zu tragen, wir den Brasilianern mit dem neuen Dekret nicht eingeräumt. Es erweitert aber die Möglichkeiten, Waffen zu erwerben und zu Hause aufzubewahren. Nicht vorbestrafte Brasilianer über 25 Jahren dürfen künftig bis zu vier Schusswaffen besitzen, wenn sie in Gebieten mit hohen Mordraten leben. Faktisch trifft dies auf alle 27 Bundesstaaten zu, wie Bolsonaros Stabschef Onyx Lorenzoni sagte.

Kritik: "Besorgniserregend"

Bisher mussten Brasilianer nachweisen, dass sie aus bestimmten Gründen auf den Besitz einer Schusswaffen angewiesen sind. Bolsonaro hat dies als "subjektiv" kritisiert und als Kriterium eine Mordrate von mehr als zehn Morden pro 100.000 Einwohnern eingeführt. In Lateinamerikas größtem Land wurden im Jahr 2017 fast 64.000 Morde registriert – also im Schnitt rund 175 pro Tag. Die Mordrate liegt landesweit bei 30,8 pro 100.000 Einwohnern.

Damit ist Brasilien weltweit einer der gefährlichsten Staaten außerhalb eines Kriegsgebiets. Die Lockerung der Waffengesetze durch Bolsonaro könnte nach Meinung von Kritikern dazu führen, Gewaltverbrechen weiter anzuheizen.

Die Sicherheitsexpertin Silvia Ramos bezeichnete das neue Dekret als "sehr besorgniserregend". "In gewisser Weise überträgt Bolsonaro die öffentliche Sicherheit an die Bürger. Mit seinem Dekret sagte er: 'Kauft euch Waffen und beklagt euch später nicht, wenn die Zahl der Morde steigt – ihr müsst eure Waffe benutzen.'" Bolsonaro selbst zeigte sich dagegen kürzlich überzeugt, dass die Gewalt durch die Lockerung des Waffenrechts zurückgehen werde. (APA, AFP, 16.1.2019)