1. Baden-Württemberg

Die Liste namhafter Gestalter der Moderne, die in Baden-Württemberg wirkten, ist lang. Die seinerzeit revolutionären Lehr- und Gestaltungskonzepte des Stuttgarter Professors Adolf Hölzel fanden später im Bauhaus ihre konsequente Fortsetzung. 1927 wurde die Werkbundausstellung am Stuttgarter Weissenhof unter der Leitung des späteren dritten Bauhaus-Direktors Mies van der Rohe zu einem Leuchtturmprojekt des Neuen Bauens. Le Corbusier, Walter Gropius, Josef Frank, die Brüder Bruno und Max Taut, Hans Scharoun und Adolf Rading waren beteiligt. Erich Mendelsohn entwarf das Stuttgarter Kaufhaus Schocken und Otto Haesler, Wilhelm Riphahn und Caspar Maria Grod bauten zusammen mit Gropius und anderen in Karlsruhe in der Siedlung Dammerstock. Nach dem Zweiten Weltkrieg schrieb die von Bauhäusler Max Bill mitgegründete Hochschule für Gestaltung Ulm die Bauhaus-Ideen fort und beeinflusste nachhaltig die Gestaltungsausbildung.

Die Weissenhofsiedlung in Stuttgart, Architekten: Le Corbusier, Pierre Jeanneret
Foto: Tillmann Franzen, tillmannfranzen.com / F.L.C. / VG Bild-Kunst, Bonn 2018

2. Berlin

Berlin war von 1932 bis zu seiner Schließung auf Druck der Nationalsozialisten 1933 die dritte und letzte Station des Bauhauses. Auch der Bauhaus-Meister Johannes Itten gründete in Berlin 1926 seine eigene Kunstschule, an der unter anderem Georg Muche und Lucia Moholy lehrten. Der Gestalter und Architekt Marcel Breuer und der Grafiker Herbert Bayer führten nach ihrer Bauhaus-Zeit Büros in der Hauptstadt. Nach dem Zweiten Weltkrieg bauten zwei Bauhaus-Direktoren wieder in der Metropole an der Spree: Ludwig Mies van der Rohe entwarf 1967 die Neue Nationalgalerie und Walter Gropius 1960 die nach ihm benannte Gropius-Stadt sowie das zunächst für Darmstadt vorgesehene Gebäude des Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung, das ab 1968 für Berlin adaptiert wurde und hier 1979 eröffnete. Hier findet sich heute die weltweit größte Bauhaus-Sammlung.

Das Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung Berlin; Architekten: Walter Gropius, Alex Cvijanovic, Hans Bandel
Foto: Tillmann Franzen, tillmannfranzen.com / VG Bild-Kunst, Bonn 2018

3. Brandenburg

In Brandenburg finden sich eindrucksvolle Beispiele moderner Architektur, wie der Einsteinturm in Potsdam und die Hutfabrik in Luckenwalde von Erich Mendelsohn, die Häuser Riehl, Urbig und Mosler von Mies van der Rohe in Potsdam-Neubabelsberg, die unter Beteiligung von Walter Gropius entstandene Kupferhaus-Siedlung in Eberswalde-Finow und vor allem die zwischen 1928 und 1930 fertiggestellte Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB-Schule) in Bernau. Die Schule zählt neben den Laubenganghäusern in Dessau zu den einzigen erhaltenen Bauten, die von der Bauabteilung des Bauhauses unter Federführung des zweiten Bauhaus-Direktors Hannes Meyer realisiert worden sind.

Die Bundesschule des ADGB in Bernau. Architekten: Hannes Meyer, Hans Wittwer
Foto: Tillmann Franzen, tillmannfranzen.com

4. Niedersachsen

In Niedersachsen steht mit dem Alfelder Fagus-Werk von 1911 der Ursprungsbau moderner Industriearchitektur und der Vorläufer des Bauhaus-Gebäudes in Dessau. An vielen Orten finden sich in Niedersachsen bedeutende Beispiele des Neuen Bauens. Beispielhaft sind die Gebäude von Otto Haesler in Celle mit der Altstädter Schule und den Siedlungen Italienischer Garten, Georgsgarten oder Blumläger Feld, die obertägigen Bauten von Fritz Schupp und Martin Kremmer am Weltkulturerbe Rammelsberg in Goslar oder das Heizkraftwerk in Wolfsburg zu nennen.

Das Alfelder Fagus-Werk ist Unesco-Welterbe. Architekt: Walter Gropius
Foto: Tillmann Franzen, tillmannfranzen.com

5. Hessen

"Das Neue Frankfurt" (1925–1930) ist nach wie vor der geläufigste Begriff, wenn es um Hessen und die Moderne geht. Als umfassendes gesellschaftliches Reformprogramm hatte es eine neue Lebens- und Wohnkultur zum Ziel. Unter Stadtbaurat Ernst May wurden in Frankfurt insgesamt 12.000 Wohnungen gebaut und mit ihnen neue Lebens- und Baustandards gesetzt. Dass an wirklich alle gedacht wurde, zeigt die Realisierung des Henry- und Emma-Budge-Heims für alleinstehende christliche und jüdische Senioren in Frankfurt – ein Altenheim mit modernsten Standards, großen Fensterflächen, zweckmäßigen Grundrissen und funktionaler Einrichtung, das unter Beteiligung der Bauhäusler Mart Stam und Ferdinand Kramer entstand. Auch die Interieur-Standards änderten sich mit dem Aufbruch zum Neuen Bauen. Mit der Frankfurter Küche entwarf Margarete Schütte-Lihotzky eine bahnbrechende Innovation für die Frankfurter Siedlungen. Sie ist der Prototyp unserer heutigen Einbauküche.

Die Siedlung Bornheimer Hang / Charles-Hallgarten-Schule in Frankfurt, Architekt: Ernst May
Foto: Tillmann Franzen, tillmannfranzen.com

6. Rheinland-Pfalz

Bauhäusler wie Herbert Bayer, László Moholy-Nagy, Josef Albers oder Joost Schmidt haben mit der "Neuen Typografie" oder "Elementaren Typografie" das Grafik- und Kommunikationsdesign revolutioniert und weltweit geprägt: von der Reklame über Plakat-, Zeitschriften- und Buchgestaltungen bis zum Corporate Design internationaler Marken. Diese Gestalter prägten den "Internationalen Stil" der "Moderne", der heute noch als "Bauhaus-Stil" oder "Bauhaus-Style" weiterlebt. Insbesondere die Grotesk-Schriften wurden auch in den USA zum Inbegriff der Moderne und dort stilprägend für weitere Generationen. Dem Wirken des Bauhauses auf dem Gebiet der Druck- und Schrift- sowie der Plakatkunst widmet sich das renommierte Mainzer Gutenberg-Museum anlässlich des Jubiläums 2019 mit einer umfassenden Typografie-Sonderausstellung und einer begleitenden Publikation. Sehenswert ist auch das Weingut Kreutzenberger in Kindenberg von Architekt Otto Prott aus den Jahren 1929/30.

Weingut Kreutzenberger, Architekt: Otto Prott
Foto: Tillmann Franzen, tillmannfranzen.com

7. Sachsen

Im Leipziger Grassimuseum für Angewandte Kunst gestaltete der Maler Josef Albers die größte Glasfläche der Bauhaus-Zeit. Zukunftsweisenden kommunalen Wohnungsbau der 1930er-Jahre zeigt der Leipziger "Rundling", eine kreisförmig angelegte Siedlung mit 300 Wohnungen. Einen Besuch wert ist ebenso die Leipziger Versöhnungskirche, ein wichtiges Baudenkmal der Klassischen Moderne, und das Haus Schminke in Löbau.

Das Haus, Architekt: Hans Scharoun
Foto: Tillmann Franzen, tillmannfranzen.com

8. Nordrhein-Westfalen

Nordrhein-Westfalen stellt seine Jubiläumsbeiträge unter das Motto "100 Jahre Bauhaus im Westen. Gestaltung und Demokratie. Neubeginn und Weichenstellungen im Rheinland und in Westfalen." Einen besonderen Leuchtturm stellt das Projekt "Mies in Krefeld" dar, in dessen Rahmen eine begehbare Skulptur des zeitgenössischen Künstlers Thomas Schütte als Ausgangspunkt für Vorträge und Debatten funktionieren und eine Ausstellung zum Thema beinhalten wird. Ludwig Mies van der Rohe schuf in Krefeld das Kunstmuseen Krefeld/Haus Lange (1928–30).

Das Kunstmuseen Krefeld/Haus Lange in Krefeld; Architekt: Ludwig Mies van der Rohe
Foto: Tillmann Franzen, tillmannfranzen.com / VG Bild-Kunst, Bonn 2018

9. Sachsen-Anhalt

Zwischen 1919 und 1933 entstanden in Städten wie Magdeburg, Halle und Leuna, aber auch an Orten wie Elbingerode, Quedlinburg, Stendal, Zeitz, Hohenmölsen und anderen Orten kleinere und größere Projekte der angewandten Moderne. An den Ausbildungsstätten für Kunst und Gestaltung wie der 1915 gegründeten und heute noch existierenden Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle (Saale), der Magdeburger Kunstgewerbe- und Handwerksschule und ab 1925 am Bauhaus in Dessau wurden Meilensteine auf dem Gebiet des Produkt- und Kommunikationsdesigns gesetzt und große Pläne ersonnen. Seinen Höhepunkt findet das große Bauhaus-Jubiläum in Sachsen-Anhalt 2019 mit der Eröffnung des neuen Bauhaus-Museums der Stiftung Bauhaus Dessau.

Die Meisterhäuser Dessau, Architekt: Walter Gropius
Foto: Tillmann Franzen, tillmannfranzen.com / VG Bild-Kunst, Bonn 2018

10. Thüringen

Den Grundstein zum Bauhaus legte Henry van de Velde bereits 1902 mit dem Kunstgewerblichen Seminar in Weimar, das 1908 in die Großherzoglich Sächsische Kunstgewerbeschule überging. 1919 vereinigte Walter Gropius diese mit der ehemaligen Großherzoglichen Kunsthochschule zum Staatlichen Bauhaus Weimar, das bis 1925 u. a. in van de Veldes Bau für die Kunstgewerbeschule arbeitete. Im gegenüberliegenden, ebenfalls von van de Velde errichteten Gebäude der Kunsthochschule finden sich neben Reliefs und Wandmalereien von Herbert Bayer und Joost Schmidt auch das 1923 gestaltete und 1999 rekonstruierte Direktorenzimmer von Walter Gropius. Heute ist das Gebäude Sitz der Bauhaus-Universität Weimar und gehört zusammen mit anderen Bauhaus-Stätten in Weimar und Dessau seit 1996 zum Unesco-Weltkulturerbe. (red, 16.1.2019)

Die Mensa am Philosophenweg in Jena, Architekten: Ernst Neufert, Otto Bartning
Foto: Tillmann Franzen, tillmannfranzen.com

Weiterführender Artikel: 100 Jahre Bauhaus: Die strenge Kammer des Designs

Weitere Infos: Bauhaus100