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Brennende Barrikaden in den Townships außerhalb der simbabwischen Hauptstadt Harare. Die grassierende Inflation hat dem Land den weltweit höchsten Benzinpreis beschert.

Foto: AP / Tsvangirayi Mukwazhi

Die Zeiten, in denen in Harare Zigtausende von Menschen jubelten, sind vorbei: Damals, vor gut einem Jahr, hatten freudetrunkene Simbabwer den erzwungenen Abschied des greisen Machthabers Robert Mugabe gefeiert. Heute liegen die Straßen der simbabwischen Hauptstadt wie ausgestorben da: Die Geschäfte sind zu, ab und zu patrouilliert ein Transporter mit Polizisten.

Ganz anders in den Townships außerhalb der Stadt. Dort brennen Barrikaden auf den nichtgeteerten Straßen, über der Siedlung Epworth kreist ein Hubschrauber, der gelegentlich im Sinkflug über Demonstranten niedergeht, um sie mit Tränengas zu besprühen. Am Straßenrand ausgebrannte Fahrzeuge – Zeugen der gewalttätigen Proteste, die die südafrikanische Staatsruine nun schon seit zwei Tagen erschüttern.

In der Nacht zum Dienstag wurde der Sitz der oppositionellen Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) angezündet, die tansanische Fluggesellschaft Fastjet stellte ihre Flüge nach Harare ein. Inzwischen sind auch soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter im gesamten Land unterbrochen: Auf den Straßen sollen Zivilpolizisten mit Schnellfeuergewehren zu sehen sein.

Der taube Präsident

Bürgerrechtler sprechen von mindestens fünf Toten, mehr als vierzig Menschen erlitten Schusswunden. Hunderte von Demonstranten wurden festgenommen. "Mugabe war böse, aber er hat uns wenigstens gehört", sagt ein Demonstrant zur Agentur AFP, "dagegen scheint Emmerson Mnangagwa taub zu sein."

Der 76-jährige Mugabe-Nachfolger an der Staatsspitze hatte am Samstag einen Anstieg des staatlich festgelegten Benzinpreises um 140 Prozent bekanntgegeben: Statt 1,24 kostet ein Liter Treibstoff jetzt 3,31 US-Dollar – so viel wie nirgendwo sonst.

Nach seiner Ankündigung setzte sich der Chef der regierenden Zanu/PF-Partei in ein Privatflugzeug, um sich zu einem Staatsbesuch nach Russland auf den Weg zu machen: Dort hat er um finanzielle Hilfe bei der Modernisierung der simbabwischen Armee gebeten. Derweil rief der simbabwische Gewerkschaftsdachverband die Bevölkerung zu einem dreitägigen Generalstreik auf. "Wir haben eine nationale Krise, die sich zu einer humanitären Krise ausweitet", schimpft Oppositionschef Nelson Chamisa. "Und Mnangagwa stiehlt sich davon." Den Preisanstieg hatte der Präsident mit "zügellosen illegalen Geschäften" auf dem Benzinmarkt begründet.

Scheiternde Kunstwährung

Doch den wahren Grund für die Treibstoffknappheit kennt natürlich auch er: Anfang vergangenen Jahres hatte die Regierung wegen der wachsenden Cash-Krise neben dem US-Dollar einen "Bond-Dollar" – im Sprachgebrauch "Bollar" – eingeführt, der seinem US-Vorbild gleichwertig sein sollte. Schon bald schlitterte der Wert der Kunstwährung allerdings in den Keller: Für einen US-Dollar sind heute fünf Bollar zu berappen. Da Tankstellen aber gezwungen sind, Bollars und US-Dollars zum selben Wert entgegenzunehmen, wird der Treibstoff auf dem Schwarzmarkt verkauft.

In den Supermärkten des Landes bieten sich wieder Bilder wie vor zehn Jahren, als die Regale leer waren und die Preise für die wenigen erhältlichen Gegenstände im Stundentakt stiegen. Ende 2008 errechneten Experten eine Inflationsrate von 500 Milliarden Prozent, der simbabwische Dollar wurde abgeschafft: Seitdem galten nur noch ausländische Währungen wie der US-Dollar, der südafrikanische Rand oder der chinesische Yuan. Mit der Einführung des Bollars droht sich das Schauspiel zu wiederholen. Zwar ist die Inflation erst bei 31 Prozent angelangt: Doch ein Konzept, der Wirtschaftsschwäche des ruinierten Staates zu begegnen, fehlt der regierenden Zanu/PF-Partei. (Johannes Dieterich, 16.1.2019)