Vizekanzler Heinz-Christian Strache geht gegen mehrere Tweets vor.

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Wer obszöne Nachrichten erhält, muss vor deren Veröffentlichung genau prüfen, ob der vermeintliche Absender tatsächlich hinter dem belästigenden Beitrag steht: So lässt sich das Urteil gegen die ehemalige Grünen-Politikerin Sigrid Maurer zusammenfassen, die im vergangenen Oktober vom Landesgericht Wien wegen übler Nachrede schuldig gesprochen wurde. Das Urteil sorgte landesweit für Proteste, da das Opfer sexueller Belästigung verurteilt wurde – Maurer ging auch in Berufung. In sozialen Medien zeigten sich zahlreiche Nutzer solidarisch, indem sie den Namen ihres Twitter- oder Facebook-Accounts veränderten.

Auch Maurers Parteikollege Michel Reimon protestierte gegen das Urteil. Er benannte sich auf Twitter in "HC Strache" um und verwendete dazu ein Foto des Vizekanzlers und FPÖ-Chefs. "Selbstverständlich muss eine seriös arbeitende Justiz echte Männer davor schützen, dass man mit billigen Tricks ihre Identität mißbraucht", schrieb Reimon als Strache. Durch den nichtveränderbaren Twitter-Namen "@michelreimon" war die Fälschung auf den zweiten Blick leicht erkennbar.

Urheberrechte verletzt

Dagegen hat nun Heinz-Christian Strache geklagt. Er sieht seine Urheberrechte verletzt, heißt es in der Klage, die dem STANDARD vorliegt. Die Darstellung suggeriere, "dass er sich in einem aufsehenerregenden Fall einer Belästigung einer Frau auf die Seite des Täters oder zumindest Verantwortlichen schlage". Strache fordert Reimon zur Unterlassung auf, außerdem will er Schadenersatz.

"Ich könnte mir jetzt natürlich den Spaß machen und behaupten, dass jemand anders an meinem Computer war. Nur ist das Thema für belästigte und bedrohte Frauen zu ernst, um so damit umzugehen", sagt Reimon zum STANDARD. Das Büro von Vizekanzler Strache reagierte auf eine Anfrage nicht.

Weitere Klagen

Strache fand sich erst am Donnerstag mit seinem Anwalt, dem Verfassungsrichter Michael Rami, vor Gericht ein, weil er – ebenfalls wegen Tweets – den Politikberater Rudolf Fußi geklagt hatte. Dabei ging es um ein Foto, das Strache gemeinsam mit einem Vertreter der rechtsextremen Identitären Bewegung zeigt. Fußi twitterte das Bild mit dem Kommentar, es zeige "Strache beim gemütlichen Zusammensein mit Identitären-Kader".

Der Vizekanzler bezeichnete das Bild als Fälschung, forderte eine Unterlassung und sagte selbst als Zeuge aus. Fußis Anwältin Maria Windhager, die auch den STANDARD berät, legte jedoch mehrere Fotos vor, die Strache mit Identitären zeigten. Deshalb rückte Strache von seiner Behauptung einer Fälschung ab. Auch der STANDARD hatte über Straches Treffen mit Identitären berichtet. Strache modifizierte dann die Klage, nun ging es um den Text, dass er mit den Identitären ein "gemütliches Beisammensein" hatte. Das Urteil über den Rechtsstreit mit Fußi soll schriftlich ergehen, der Politikberater zeigte sich "bester Laune". Die SPÖ nicht. Sie übt scharfe Kritik am FPÖ-Chef und fordert Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dazu auf, den Vizekanzler zu entlassen. (fsc, 17.1.2019)