Wenn etwas "in den falschen Hals" kommt, ist das meistens unproblematisch. Ein starker Hustenreiz sorgt dafür, dass der Fremdkörper wieder aus der Luftröhre verschwindet.

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Günther Brandstetter beschäftigt sich von Berufs wegen mit Gesundheit. Essen ist ein Risiko, musste er kürzlich erleben.

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Ein gemütlicher Samstagabend, es war etwa 19 Uhr. Meine Liebste, unsere vierjährige Tochter und ich saßen am Esstisch, es gab ein typisches Wintergericht: Krautfleckerl. Die mögen wir alle gern. Röstzwiebel, ein wenig Speck, ein halber Krautkopf fein geschnitten und Teigfleckerl. Dazu noch Salat.

Wir waren entspannt, die Kleine erzählte von ihren Abenteuern im Kindergarten, ich stand irgendwann auf, um zum Kühlschrank zu gehen. Plötzlich passierte es: Meine Frau drehte ihren Kopf zu mir, hatte noch nicht alles runtergeschluckt, holte tief Luft – wahrscheinlich wollte sie mir etwas zurufen – und schwupp, schon war ein Krautfleckerl in ihrer Luftröhre verschwunden.

Der Körper hat für solche Fälle ein Notfallprogramm: Er reagiert mit einem reflexartigen, heftigen Hustenreiz, der den teigigen Fremdkörper aus der Luftröhre wieder zurückholen soll. Meine Liebste musste aber nicht husten, denn das Fleckel hatte den direkten Weg in die Lunge genommen.

Dr. Google, 1450, 141 und Spital

Was sollten wir tun? Meine Frau versuchte es mit Husten, gleichzeitig klopfte ich ihr kräftig mit der flachen Hand auf den Rücken. Das kümmerte das Fleckerl nicht, es hatte sich anscheinend in den oberen Atemwegen eingenistet. Zumindest legte das der leicht stechende Schmerz in der Brustgegend nahe. Wir befragten Dr. Google, der brachte uns aber nicht weiter.

Schließlich wählte meine Frau die Gesundheitshotline 1450. Es meldetet sich eine Dame, die etwas widerwillig erklärte, dass sie jetzt den ganzen Fragebogen durchgehen könne, am Ende würde das System eine Empfehlung ausspucken, was zu tun sei. Schneller ginge es, sich direkt an den Ärztefunkdienst 141 zu wenden.

Gut, dann eben 141. Der Arzt fragte, ob sie Atemnot habe: "Nein." Trotzdem empfahl er, sicherheitshalber in ein Spital mit HNO-Abteilung zu gehen. Er recherchierte die beiden nächstgelegenen Krankenhäuser, eines war das AKH, das andere das Hanuschkrankenhaus. Der Vorteil vom AKH: Es gibt dort auch eine Lungenambulanz, falls eine Bronchoskopie nötig ist. Die Wartezeit, so die Einschätzung des Mediziners, dürfte im Hanuschkrankenhaus aber kürzer sein.

Lungenentzündung al dente

Meine Frau entschied sich für die Variante "weniger lang warten". Als sie in die Ambulanz kam, herrschte fast feierliche Stille. Nur ein Patient war vor ihr dran. Nach etwa fünf Minuten kam der Arzt und untersuchte zunächst Rachen und Hals. Anschließend prüfte er die Sauerstoffsättigung im Blut. Alles in Ordnung. Von einer Bronchoskopie riet er deshalb ab. Das Krautfleckerl könne jedoch zu einer Lungenentzündung führen, "das kommt gar nicht so selten vor, besonders bei älteren Menschen", sagte der Mediziner.

Meine Frau machte sich wieder auf den Weg nach Hause. Eine Woche lang trug sie das Krautfleckerl in ihrer Brust. Es meldete sich immer wieder mit einem stechenden Schmerz, vor allem auf Bewegung schien es zu reagieren. Drei Tage später erkrankte meine Tochter an einem Magen-Darm-Infekt, der schließlich auch meine Liebste heimsuchte. Das Motto lautete zwei Tage lang: "Alles muss raus!" Als sie nach einem heftigen Brechreiz intensiv Husten musste, löste sich ein ziemlich großer Klumpen Bronchialschleim. Mitten drin lag das Krautfleckerl. Glück gehabt! (Günther Brandstetter, 20.1.2019)