Damaskus – Bei einer Explosion in der syrischen Hauptstadt Damaskus hat es nach Angaben von Aktivisten am Sonntag Tote und Verletzte gegeben. Die "starke Explosion" habe sich in der Nähe eines Gebäudes des Militärgeheimdienstes ereignet, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit, die ihre Angaben von Aktivisten an Ort und Stelle bezieht.

Nach der Explosion habe es Schüsse gegeben. Bei einer weiteren Explosion in der nordsyrischen Stadt Afrin wurden den Angaben zufolge drei Zivilisten getötet.

Der oppositionsnahen Beobachtungsstelle zufolge war zunächst unklar, ob die Explosion durch eine Bombe oder einen Selbstmordanschlag ausgelöst wurde. "Einige Menschen wurden getötet und verletzt", erklärte die in Großbritannien ansässige Organisation, deren Angaben unabhängig kaum zu überprüfen sind. Die genaue Zahl sei aber noch unklar. Die amtliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete dagegen keine Opfer.

Zuvor hatte das Staatsfernsehen von einer Explosion nahe der Schnellstraße im Süden der Stadt berichtet. "Erste Berichte deuten auf eine terroristische Tat hin", hieß es dort ohne nähere Angaben.

Bereits 360.000 Tote

In Syrien tobt seit Jahren ein Bürgerkrieg, in dem bereits mehr als 360.000 Menschen getötet und Millionen weitere vertrieben wurden. Die Truppen von Machthaber Bashar al-Assad kontrollieren rund zwei Drittel des Landes. Im vergangenen Mai vertrieben sie nach eigenen Angaben Jihadisten aus dem Süden von Damaskus und brachten damit zum ersten Mal seit sechs Jahren die Hauptstadt und ihre Umgebung "vollständig" unter ihre Kontrolle.

Die syrische Staatsführung verzeichnete in jüngster Zeit mit Unterstützung ihrer Verbündeten Russland, dem Iran und der libanesischen Hisbollah zahlreiche Siege über Rebellen und Jihadisten. Sie kontrolliert mittlerweile wieder zwei Drittel der Fläche des Landes.

Die Explosion in Afrin ging der Beobachtungsstelle auf eine Bombe zurück, die in einem Bus im Zentrum der Stadt deponiert war. Außer den drei toten Zivilisten gab es demnach neun Verletzte, unter ihnen bewaffnete Kämpfer. Türkische Truppen und mit ihnen verbündete Rebellengruppen hatten die Region Afrin nach einer zweimonatigen Boden- und Luftoffensive von kurdischen Kräften, namentlich den Volksverteidigungseinheiten (YPG), zurückerobert.

USA zieht Truppen ab

Die Türkei fordert seit Jahren den Abzug der syrischen Kurdenmiliz auch aus dem Gebiet um die Stadt Manbij. Dort sind weiterhin US-Soldaten stationiert. Im vergangenen Dezember drohte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erneut mit einer Offensive auf Manbij. Da US-Präsident Donald Trump kurz darauf ankündigte, alle Truppen aus Syrien abzuziehen, riefen die YPG die syrische Regierung zu Hilfe.

Am vergangenen Mittwoch wurden bei einem Anschlag in Manbij 19 Menschen getötet, darunter neben Zivilisten und Kämpfern einer kurdisch-arabischen Allianz auch vier US-Militärangehörige. Zu dem Selbstmordanschlag bekannte sich die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS).

Für Ankara ist die YPG-Miliz ein "Ableger" der PKK, die seit Jahrzehnten gegen den türkischen Staat kämpft. Die Türkei, die USA und die Europäische Union stufen die PKK als Terrororganisation ein. Die USA unterstützen die YPG jedoch mit Waffen, Luftangriffen und Spezialkräften im Kampf gegen den IS.

Israelische Rakete angeblich abgefangen

Die syrische Luftabwehr fing nach Staatsangaben unterdessen israelische Raketen ab, die in Richtung der syrischen Hauptstadt Damaskus abgefeuert worden seien. Die Attacke aus Israel sei abgewehrt worden; keine Rakete habe ihr Ziel erreicht, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Sana am Sonntag. Aus syrischen Militärkreisen hieß es, dass israelische Kampfjets mindestens fünf Raketen in Richtung des internationalen Flughafens von Damaskus abgefeuert hätten.

Vergangene Woche hatte Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu Angriffe in Syrien bestätigt. Sie hätten sich gegen Lagerhallen mit iranischen Waffen gerichtet. Die israelische Regierung hat immer wieder betont, sie werde keine dauerhafte iranische Militärpräsenz in Syrien tolerieren.

Zu den neuen Berichten über Angriffe in Syrien äußerte sich Israel zunächst nicht. Kurz nach den Berichten veröffentlichte das israelische Militär jedoch eine Mitteilung, dass es seinerseits eine Rakete abgefangen habe, die von Syrien in Richtung der nördlichen Golanhöhen abgefeuert worden sei.

Berlin setzt Hilfsgelder aus

Die Entscheidung Berlins, finanzielle Hilfen für ein Rebellengebiet in Syrien zunächst auszusetzen, könnte nach Ansicht von Helfern zu "katastrophalen medizinischen Zuständen" führen. "Die Situation ist sehr schlimm, die Menschen leiden bereits jetzt", sagte der stellvertretende Leiter der Gesundheitsorganisation von Idlib, Mustafa al-Eido, der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag. Die Entscheidung werde zu einer humanitären Katastrophe führen.

Von der Entscheidung seien 33 Gesundheitseinrichtungen betroffen, sagte al-Eido, auch Krankenhäuser, Blutbanken und Ambulanzzentren. Mehr als vier Millionen Menschen, darunter etwa eine Million Flüchtlinge, lebten im Norden der Provinz Idlib. Das "Idlib Health Directorate" ist nach eigenen Angaben eine freie Dachorganisation für Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen in der Region.

Das deutsche Bundesentwicklungsministerium und das Auswärtige Amt hatten am Freitag auf dpa-Anfrage mitgeteilt, dass die finanziellen Hilfen für das Rebellengebiet im Nordosten Syriens zunächst teilweise ausgesetzt worden seien. Anfang des Jahres hatte die von den Vereinten Nationen als terroristisch eingestufte Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) die Kontrolle über die Region Idlib übernommen. Die Provinz ist das letzte große Gebiet Syriens unter Rebellenkontrolle. (APA, 20.1.2019)