Donald Trump hält an seiner Mauer fest, seine Gegenangebote reichen dem US-Kongress (noch) nicht.

Foto: Brendan Smialowski / AFP

Es klang, als habe ein Brechstangenpolitiker beschlossen, es einmal mit dem Olivenzweig zu versuchen. "Ich bin hier, um die Blockade aufzubrechen und dem Kongress einen Weg nach vorn zu ermöglichen, damit dieser Regierungsstillstand beendet wird", sagte Donald Trump, als er sich am Wochenende zum zweiten Mal binnen zwei Wochen in einer TV-Ansprache an seine Landsleute wandte.

Ja, Trump hat sich um ein paar Zentimeter bewegt – was allein schon verrät, welcher Druck auf ihm lastet. Je länger der Shutdown andauert, umso mehr wirkt er wie ein sturer Rechthaber, der nichts dabei findet, wenn 800.000 Staatsdiener entweder zwangsbeurlaubt sind oder unbezahlt arbeiten müssen. Umfragen lassen keinen Zweifel daran, wen die Mehrheit für die Misere verantwortlich macht: den Präsidenten, der sie provozierte, indem er einen bereits ausverhandelten Deal zwischen Demokraten und Republikanern kippte. Nun versucht Trump in der Schlacht um die öffentliche Meinung zu punkten. Wobei er, ganz gegen seine Gewohnheit, den harten Kern seiner Anhänger verprellt und sich in ungewohnter Position wiederfindet: Er sitzt auf einmal zwischen allen Stühlen.

Halbherzige Vorschläge

Den Versuch, beim Shutdown aus der Defensive zu kommen, verknüpfte er mit Vorschlägen, die es schon einmal gab, nur dass er sie diesmal auf ein Minimum reduzierte. Die "Dreamer" (Menschen im juristischen Schwebezustand, die im Kindesalter mit ihren illegal eingewanderten Eltern ins Land kamen) sollen eine Atempause erhalten – das ist der Kern seines Angebots. Für drei Jahre soll garantiert sein, dass sie nicht abgeschoben werden: De-facto-Amerikaner, die meisten gut integriert, etliche inzwischen mit Uni-Abschluss.

Allerdings gilt das nur für jene, die sich aus der Deckung wagten und sich tatsächlich registrieren ließen im Rahmen des von Barack Obama beschlossenen Programms "Deferred Action for Childhood Arrivals" (Daca). Es gilt für rund 700.000 Migrantenkinder, nach Schätzungen nur knapp die Hälfte aller, die Anspruch auf den Daca-Status hätten.

Sowieso bleibt Trump weit hinter dem zurück, was schon einmal zur Debatte stand, als es vor zwölf Monaten kurz so aussah, als könne er sich mit den Demokraten auf etwas verständigen. Chuck Schumer, die Nummer eins der Opposition im Senat, war damals bereit, 25 Milliarden Dollar (22 Milliarden Euro) für eine bessere Grenzsicherung zu bewilligen, sofern das Oval Office den Dreamern den Weg zur Einbürgerung ebnen würde.

Prolongiertes Provisorium

Von Einbürgerung ist in Trumps aktuellem Vorschlag keine Rede mehr. Was er anbietet, ist nichts als ein weiteres Provisorium: drei Jahre Ruhe, wenn die Demokraten 5,7 Milliarden Dollar für den Bau einer Grenzmauer absegnen. Das, antwortet Schumer, laufe auf eine Geiselnahme hinaus: Die Gekidnappten seien die Dreamer. Dabei gebe es nur eine vernünftige Variante: erst die Regierung in voller Stärke wieder arbeiten lassen und dann in Ruhe über alles andere reden.

Dennoch:_Der Vorstoß signalisiert, dass Bewegung in festgefahrene Fronten kommen könnte. Und genau das geißeln Trumps rechtspopulistische Aufpasser als Verrat an "America first". Der Präsident wolle eine Amnestie für illegal Eingewanderte, poltert Ann Coulter, die polemische Kolumnistin, deren Warnung vor "windelweichen" Kompromissen bereits im Dezember ganz erheblich zur Verhärtung beitrug. "Wir haben Trump gewählt und Jeb bekommen", twittert sie in Anspielung auf Jeb Bush, den chancenlosen Bewerber des Jahres 2016, der für eine Reform des Einwanderungsrechts plädierte.

Ob Trump unter dem Einfluss der Betonfraktion selbst sein Mini-Angebot zurücknimmt, ist in den nächsten Tagen die entscheidende Frage. Wenn nicht, könnte es eine kleine Wende bedeuten, zumindest im Ton. (Frank Herrmann, 20.1.2019)