Foto: GEPA pictures/ Harald Steiner

Ich war extrem anstrengend, für alle Beteiligten", sagt Doris Schwaiger-Robl. Das sei "fürchterlich" gewesen, das war aber auch nötig. Ewiges Nachfragen, Verstehen, Perfektionieren, bis zum Gipfel, bis zum Beachvolleyball-Europameistertitel in Klagenfurt. Nicht jeder kam damit zurecht, erzählt die nun 33-jährige Schwaiger-Robl über vier Jahre nach ihrem plötzlichen Karriereende. Ihre Schwester Stefanie tat es. Auch das war nötig, war Steffi doch die andere, eineinhalb Jahre jüngere Hälfte der Schwaiger Sisters, des einzigen österreichischen Duos mit zwei fünften Plätzen bei Olympischen Spielen.

Die Schwestern, Jahrgang 1985 und 1986, wuchsen im Waldviertel auf. Ortskundige wissen, dass es dort immer gefühlte fünf Grad weniger hat, die Gegend ist nicht für ihre langen Sandstrände bekannt. Also musste die Geschichte des Schwaiger'schen Erfolgs wie so viele mit einem engagierten Lehrer beginnen. Der veranstaltete am Gymnasium Zwettl das Freifach Hallenvolleyball, teilte Flyer für Beachcamps aus. "Jedes Wochenende hat er uns zu Turnieren geführt", sagt Doris.

Training in der Garage

Dass die Schwaigers am Wörthersee später Europameisterinnen werden sollten, war da noch nicht absehbar. Die Schwestern hatten eine Gaudi, trainierten viel. "Ich hab' in der Garage stundenlang gegen die Wand gepritscht. Wenn Papa heimgekommen ist, hat er auch herhalten müssen", erzählt Doris. Als Steffi mit 14 mehr kochen wollte, wurde sie zum Ballspiel "nicht gezwungen, aber überzeugt. Ich brauchte eben eine Beach-Partnerin."

Nach der Matura fiel die Entscheidung für den Profisport. 2004 war ein Übergangsjahr, sie spielten nur nationale Turniere. "Das war noch viel Spaß, wenig Leistung. Ein anderes Gefühl."

Der Druck

Der Sport wurde zum Beruf, mit allen Schattenseiten: Druck, Reisen, Pflichten. Freilich auch mit viel Sonne, das ist im konkreten Fall Berufsrisiko und -benefit. "Es war eine gute Zeit, lehrreich, viel Action, der Sport hat mir getaugt", sagt Doris. Die Schwaigers etablierten sich in der erweiterten Weltspitze, wurden 2008 und 2012 bei Olympia und 2009 bei der WM Fünfte. Nur beim Heimturnier in Klagenfurt wollte es bis eben 2013 nicht laufen. "Wir haben nie so gut gespielt, wie wir es gekonnt hätten."

Doris und Stefanie Schwaiger hatten nämlich ein Problem: Angst. Angst vor Fehlern, Angst zu versagen, das kennt wohl jeder in irgendeiner Form. Doris spürte es so: "Ich habe mich manchmal gefühlt, als würde ich um mein Leben spielen." Nach acht Jahren mit Martin Olejnak als Trainer – "es hat super funktioniert, aber irgendwann steht man an" – folgte der Deutsche Dirk Severloh. So kompliziert das spätere Ende war, so erfolgreich war der Anfang. "Er hat uns erlaubt, Fehler zu machen. Wir haben das nicht gekannt."

Der Triumph

2013, die erste Saison mit Severloh, Heim-EM, Klagenfurt, ein legendärer Court. "Das Ziel war ein Stockerlplatz, aber das hätte ich mir nie laut sagen getraut", sagt Doris, die nach ihrer Hochzeit schon Schwaiger-Robl hieß.

Das erste Spiel ging verloren. "Wir sind weinend im Zimmer gelegen, dann kam unser Co-Trainer rein." Kersten Holthausen habe gesagt, "dass wir immer, wenn wir schlecht ins Turnier starten, eine außergewöhnliche Leistung bringen." Vier Tage später streichelte Steffi im Finale den zweiten Matchball über das Netz. Boris Kastner-Jirka sprach im ORF vom "Waldviertler Wahnsinn". Schwaiger-Robl: "Es war das anstrengendste Turnier meines ganzen Lebens."

Der Europameistertitel. Matchbälle ab 27:50.
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Das Ende

Erfolg schafft Druck. "Die eigenen Erwartungen sind das Schlimmste." Zur Optimierung der Trainingsbedingungen baute das Familienunternehmen einen Beachcourt in eine Halle der Zwettler-Brauerei, Papa Manfred und Ehemann Paul tüftelten und managten im Hintergrund. Dann habe vonseiten des Trainers "abrupt die Motivation gefehlt", Doris litt an einer erst spät diagnostizierten Hüftverletzung. "Viele Sachen haben für mich als Leistungssportlerin nicht gepasst." Es folgte eine komplizierte Trennung von Severloh. "Wir sind ohne Trainer dagestanden". Der nächste Coach war ein Schweizer. "Einer, der meine Art nicht ausgehalten hat. Es kam zur Situation: Entweder er geht, oder ich gehe. Dann habe ich gesagt: Das war's", sagt Doris. Steffi machte bis 2017 weiter.

Ein plötzliches Ende. Gerüchte kursierten, kursieren bis heute. "Von Schwangerschaft bis Doping, der ganze Sch... – das hat mich so wütend gemacht", sagt Schwaiger-Robl. "Peter Kleinmann (damals Volleyball-Verbandspräsident, Anm. d. Red.) ist am selben Tag von Italien nach Niederösterreich gefahren und hat zwei Stunden versucht, mich zum Weitermachen zu überreden."

Die Zeit danach

Und dann? Der Sport hat gefehlt, die Nebengeräusche nicht. Die damals 29-Jährige wollte studieren, der Semesterbeginn nimmt auch auf Europameisterinnen keine Rücksicht, sie musste sich also schnell entscheiden. Ehemann Paul war schon für den Bachelorlehrgang "Training und Sport" angemeldet, Doris zog mit, das Ziel war das Trainerwesen. "Ich wollte einiges besser machen, als es bei mir gemacht wurde", sagt sie, "habe dann aber ziemlich eine auf die Schnauze gekriegt." Die ewige Hinterfragerin blieb sich treu, wollte Neues in die Trainerausbildung einbringen. "Das wurde nicht angenommen." Außerdem sei die Ausbildung "frauenfeindlich", es gehe viel zu sehr um den Männersport.

Schwaiger-Robl machte den Bachelor fertig, brach den Trainerkurs ab, ging zurück an den Anfang. "Ich habe mir gedacht: Sport kann nicht das Einzige sein, das ich kann." Sie habe "lang gebraucht, das waren sehr traurige Phasen", letztlich half das "Was-will-ich-nicht-Verfahren". Also Polizeischule, "das passt jetzt super". Und weil sich Kreise schließen, spielte Schwaiger-Robl im Vorjahr erstmals seit vier Jahren wieder ein Beachvolleyballturnier – bei den österreichischen Polizeimeisterschaften. "Es ist mir wieder passiert – im Wettkampfmodus ist es um etwas gegangen." (Martin Schauhuber, 20.1.2019)