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Update 22.1.2019, 9:30 Uhr: Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass das Recht auf Karfreitag-Feiertag allen Arbeitnehmern zusteht. Mehr Infos finden Sie in Kürze hier.

Wien/Luxemburg – Dass der Europäische Gerichtshof am Dienstag die jetzige gesetzliche Regelung für den Karfreitag, der in Österreich ein staatlicher Feiertag nur für evangelische Christen, Altkatholiken und Methodisten ist, als diskriminierend aufhebt, gilt unter Juristen als so gut wie sicher. Offen ist allerdings, ob die Richter dem Gutachten des Generalanwalts folgen und die Anwendung des Gesetzes untersagen, was für diese Religionsgruppen den Verlust des Feiertags bedeuten würde, oder ob sie stattdessen vom österreichischen Gesetzgeber fordern, am Karfreitag allen Arbeitnehmern freizugeben.

In beiden Fällen wäre der Verstoß gegen die europäische Grundrechtscharta aufgehoben, die politischen Konsequenzen wären allerdings ganz anders. Im ersteren Fall wären vor allem die evangelische Kirche und die Gewerkschaften empört, im letzteren die Wirtschaft, die schon jetzt die hohe Zahl von Feiertagen beklagt. Bei einem arbeitnehmerfreundlichen Urteil müssten außerdem Feiertagszuschläge an alle Arbeitnehmer bezahlt werden, die am Karfreitag dennoch arbeiten.

OGH legte vor

Der Fall wurde vor vier Jahren von einem konfessionslosen Arbeitnehmer ausgelöst, der klagte, weil er nicht einsehen wollte, warum ein evangelischer Kollege einen Feiertagszuschlag am Karfreitag erhält, er aber nicht. Der Fall wanderte zum Obersten Gerichtshof, der ihn 2017 dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegte.

Noch komplizierter wird die Sache durch Jom Kippur, den höchsten jüdischen Feiertag, an dem laut Generalkollektivvertrag jüdische Arbeitnehmer freihaben. Eine Abschaffung vom Feiertag am Karfreitag wäre auch das Ende des Jom-Kippur-Privilegs, das zwar wirtschaftlich kaum ins Gewicht fällt, aber für Österreich und vor allem für die ÖVP-FPÖ-Regierung zu einer schlechten Optik führen würde.

Ein möglicher Ausweg

"Vieles spricht dafür, dass der Gerichtshof der Ansicht des Generalanwalts folgt und sagt: Die jetzige Regelung ist diskriminierend, aber bitte löst es selbst", sagt Ludwig Dvorák, Antidiskriminierungsexperte bei PFR Rechtsanwälte. Er sieht in diesem Fall eine Möglichkeit für eine gesetzliche Lösung, die zumindest die Kirche zufriedenstellen könnte. In Paragraf 8 Arbeitsruhegesetz (ARG) ist die Möglichkeit vorgesehen, für die "Erfüllung religiöser Pflichten" Freizeit zu erhalten – allerdings nur, wenn man während der Wochenend- und Feiertagsruhe beschäftigt wird. Dazu zählt etwa der Besuch einer Sonntagsmesse.

Ob sich eine solche Regelung auf normale Wochentage übertragen und auf einen ganzen Tag ausdehnen lässt, damit Betroffene den Karfreitag tatsächlich freibekommen, müsse geprüft werden. In diesem Fall gäbe es keine Feiertagszuschläge, wenn man dennoch arbeitet. Allerdings wäre der Karfreitag dann auch kein staatlicher Feiertag mehr, was die evangelische Kirche nicht freuen würde.

Die Reparatur nach dem EuGH-Urteil wird also politisch und rechtlich schwierig sein, warnt die Anwältin Katharina Hantig-Gröbl von PFP Rechtsanwälte: "Die Frage ist, ob es der Gesetzgeber so formulieren kann, dass die Sache nicht wieder vor dem EuGH landet. Eine Bestimmung für gewisse Religionen sachlich so zu formulieren, dass sie nicht diskriminierend wirkt, ist sehr schwer." (Eric Frey, 22.1.2019)