Zusätzliche Flügelstreben sollen den Konzeptflugzeug von Boeing und Nasa effizienter fliegen lassen.

Foto: Boeing

Seit mehr als zehn Jahren forscht Boeing zusammen mit der amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde Nasa an einem speziellen Konzeptflieger. Er soll deutlich emissionsärmer als heutige Verkehrsflugzeuge fliegen. Heraus kam ein sogenannter Schulterdecker mit sehr schmalen Flügeln und sogenanntem T-Leitwerk.

Das Flugzeug hört auf den technokratischen Namen TTBW. Das steht für Transonic Truss-Braced Wing, frei übersetzt: Verstrebter Flügel für hohe Unterschall-Geschwindigkeit. Das für Verkehrsflieger ungewöhnliche Konzept verspricht Einsparungen von bis zu 70 Prozent bei Kerosinverbrauch und Lärmemissionen. Um das zu erreichen, musste der Schulterdecker aber erheblich langsamer reisen. Um diese Nachteile zu tilgen, hat Boeing das Konzept nachgebessert.

Knifflige Aerodynamik

Es klingt zuerst nach einer einfachen Maßnahme. Damit das TTBW schneller und höher fliegen kann, spendierten die Entwickler dem aufgefrischten Konzeptflieger neue Flügel, die stärker entgegen der Flugrichtung gepfeilt sind. Was für Ingenieure seit Jahrzehnten gang und gäbe ist, um Flugzeuge und ihre Flügel optimal für die erdachte Reisegeschwindigkeit auszulegen, ist bei der Boeing-Studie jedoch problematisch. Denn ausgerechnet die lang gestreckten, aber schmalen Flügel, die Boeings Flugzeug der Zukunft widerstandsärmer durch die Luft gleiten lassen sollen, verkomplizieren die Aerodynamik, sobald es schneller werden soll.

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Die hohe Flügelstreckung – wie Experten das Verhältnis zwischen der Spannweite und der Breite eines Flügels nennen – begrenzte die Reisegeschwindigkeit des TTBW bisher auf ungefähr 70 Prozent der Schallgeschwindigkeit. Im Gegensatz zu heutigen Verkehrsflugzeugen, welche mit 80 Prozent durch die Lüfte kreuzen, ist das deutlich langsamer. Zufrieden gaben sich die Entwickler bei Boeing und der Nasa damit nicht. Durch eine verbesserte Auslegung der großen Flügelstreben und intensiven Tests im Windkanal soll das TTBW trotz der komplizierten Strömungseigenschaften nun in puncto Geschwindigkeit und Flughöhe doch noch auf Augenhöhe kommen und auf gleiche Werte wie heutige Jets erreichen.

Platz zum Boden wird knapper

Auch die bei Verkehrsflugzeugen ungewöhnliche Auslegung als Schulterdecker birgt Einsparpotenzial. Je höher die Tragflächen am Rumpf angebracht werden, desto mehr Bodenfreiheit haben die Triebwerke. Und der wird immer knapper. Immer höhere Nebenstromverhältnisse senken den Kerosinverbrauch, lassen aber auch die Durchmesser der Triebwerke größer werden.

Laut Experten könnte das in Zukunft bei der Entwicklung der nächsten Airliner-Generationen problematisch werden. Bereits bei der Entwicklung der Boeing 737 Max mussten sich die Ingenieure mit einem verlängerten Fahrwerk behelfen, damit bei der neusten Generation des Zweistrahlers genug Raum zwischen Triebwerksgondel und Boden bleibt.

Mehr als nur Computergrafik?

Auch wenn die erdachte Spannweite von fast 52 Metern keine Rekorde setzt und von einigen heutigen Flugzeugen mühelos überboten wird, soll das TTBW zukünftig auch mit einklappbaren Flügeln über die Vorfelder rollen. Zukunftsfern ist diese Technologie nicht. Bei der Boeing 777X, die heuer zum Jungfernflug abheben soll, setzt der Hersteller bereits heute auf solche Klappflügel.

Bei durchaus wichtigen Kennzahlen wie Reichweite oder der Anzahl möglicher Passagiere hält sich der Hersteller bisher jedoch noch vollkommen bedeckt. Auch ist bisher unklar, ob das Flugzeug über die Projektphase hinaus weiterentwickelt werden soll. Laut den Entwicklern könnte das TTBW ab 2030 realisierbar sein. (Felix Stoffels, 25.1.2019)