Am Donnerstag bei den Demos spielen sie immer Techno. Das sieht man mir auch an.

Foto: Robert Newald

Die Frage, ob es überhaupt noch Sinn macht, jeden Donnerstag auf die Straße zu gehen und gegen das derzeitige Slimfit- und Downsize-Regime zu demonstrieren (wobei ich mir mindestens zweimal eine ordentliche Erkältung geholt habe, aber: Widerstand!), ist ab sofort nicht mehr ganz berechtigt. Ich bin jetzt nämlich der Feind von allem, was im Leben gut, schön und wild, also nicht als Mitglied irgendeiner feinstaub- und multikultigeschädigten Bezirksverödungsorganisation mit weißer Bluse und dunkelblauem V-Pullover in Döbling und deren angrenzenden Gehirnregionen daherkommt.

Die Polizei, mein Helfer

Wahrscheinlich sieht man mir das auch an, und ich werde ab sofort am Donnerstag von den Leuten niedergeböst werden. Ich schäme mich deswegen auch ein wenig, aber: Erstmals im Leben habe ich die Polizei um Hilfe gerufen. Nicht etwa, weil mir irgendein Idiot ins Auto einen Pecker gemacht oder den Rückspiegel demoliert oder mich auf rotumrandetem Zebrastreifen niedergefahren hat. Das würde mich auch sehr treffen, weil das Auto erstens nicht mir gehört und ich zweitens rotumrandete Zebrastreifen wegen des vermittelten Images einer gewissen Sicherheit sehr sympathisch finde.

Ich habe die Polizei geholt, weil mir das nächtelange Dumpftechno-Gebolze aus einer Wohnung im Nachbarhaus dermaßen auf den Zeiger gegangen ist, dass ich beschlossen habe, dass die Polizei zumindest einmal etwas für und nicht gegen mich machen könnte. Kurzer Einschub: Etwas wirklich Böses habe ich laut Strafgesetz wahrscheinlich eh noch nie getan.

Still und starr ruht der See

Die Polizei ist dann jedenfalls mitten in der Nacht gekommen und hat dafür gesorgt, dass ich ab sofort ruhig schlafen könnte. Könnte. Ich wälze mich allerdings seither nachts unruhig hin und her, weil jetzt ein junger Mensch, der noch voll im Saft steht, nicht länger Dumpftechno hören und dabei Leckerlis aus der Apotheke konsumieren und überhaupt Lebensfreude bei 130 Beats per Minute feiern kann. Alles ist jetzt einfach ... ruhig. Still und starr ruht der See. Am Donnerstag bei den Demos spielen sie übrigens auch immer Techno. Ich befürchte, das sehen mir die Leute an. By the way, eine künftige Regierung wird mehr dicke Leute im Kabinett haben müssen. Früher war alles besser. (Christian Schachinger, 22.1.2019)